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Nicht müde wird das Erzählen. 
Ruhelos senken sich Worte, 
sickern ins Blut, 
siedeln im feinen Gewebe. 

 

Ruhen wird nicht die Welt,
bis alle Worte erstarren
im Ammonitenreich.

 

Die besten Momente, wie Brücken, 
die über den Abgrund sich spannen - 
sind Lügenzungen 
über den reißenden Zähnen.

 

Ach, lach nur -
erzähl die Geschichten!

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Hallo Létranger,

 

"Nicht müde wird das Erzählen" ist der erste Vers Deines Gedichts und ich denke an das Wort des Geheimen Rates: "Bedenke wohl die erste Zeile" und frage Dich: Kann das Erzählen müde werden? Dass es ermüdend sein kann oder dass den Erzähler die Müdigkeit übermannt, das könnte ich nachvollziehen. Aber Du hast Dir bestimmt etwas bei der Formulierung gedacht. Ich wüsste nur gern was.

Gruß,

Hayk

 

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Hallo Hayk,

 

im Grunde ist das ganz einfach. Man denke dabei eben genau nicht an ein singuläres Ereignis, in dem eine individuelle Person etwas erzählt, sondern an die Welt als Gesamtheit, die sich unaufhörlich im Erzählmodus befindet.

 

Die Welt wird nicht müde, zu erzählen.

 

Gruß Lé.

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Hallo  Létranger,

danke für die rasche Antwort. Rasch ist sie, aber sie befriedigt nicht. Vielleicht haben wir eine unterschiedliche Auffassung von "erzählen".  Erzählen bedeutet für mich, dass ich etwas anschaulich in Wort oder Schrift darstelle.

Die Welt (die Natur) ist wie sie ist und erzählt uns gar nichts. Wir sind es, die anderen die Welt zu erklären versuchen.

Der Himmel hört oder schaut uns dabei zu, lächelt und entzieht sich im Wolkendunst (vielleicht müde ob unseres Unterfangens).

Gruß,

Hayk

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Hallo Le,
ich denke auch, dass Erzählen eine persönliche Reflexion bzw. Darstellung voraussetzt, hätte mich aber nicht an der verallgemeinernden/übertragenen Formulierung gestört. Womit ich allerdings Probleme habe, sind die Ammoniten, da wäre  mir Almangan (um in der Mundebene zu bleiben) etc., näher gewesen. 
LG
Perry

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Hi Lè

 

ein spannendes Gedicht

 

Ich sehe einen Kameraschwenk quer durch die Zeit

und auch vom Allgemeinen zum Besonderen.

 

 

 

Nicht müde wird das Erzählen. 
Ruhelos senken sich Worte, 
sickern ins Blut, 
siedeln im feinen Gewebe

 

Ja, das viele Reden immer ....

wenn mal keine Menschen im Umfeld / Familie / Arbeitsstelle reden,

dann reden die im Internet oder die im Fernsehen.

Und wenn die mal still sind, dann redet es in einem selber ,

unaufhörlich.

Dies "sickern ins Blut" und "siedeln sogar im feinen Gewebe" hast Du so fein erfasst. Überall Worte.... Wortketten .... Sprache.


Ruhen wird nicht die Welt,
bis alle Worte erstarren
im Ammonitenreich.

 

Ja, wenn sie versteinert sind,die Worte.... dann ist Ruhe. Ein gutes Bild, die Ammoniten, die ja Kopffüßer waren. Passend zum ewigen Geplapper .... in unseren Köpfen und Zellen.

 

Die besten Momente, wie Brücken, 
die über den Abgrund sich spannen - 
sind Lügenzungen 
über den reißenden Zähnen.


Hier das Bild, wie "trügerisch" Sprache ist.... sie bricht so schnell ein. Worte können nicht tragen -- zumindest sehr sehr viele nicht Die, die durch die modernen Medien herumgeschickt werden schon gleich gar nicht, weil die andren Kanäle der Kommunikation fehlen ...

 

Ein wenig stört mich das Bild der Zunge über den reißenden Zähnen ... da Zähne ja auch oben sind ...nicht nur unten.

Aber ...wenn ich mir die Reißzähne der Raubtiere vorstelle, dann passt es wieder.

 

Ach, lach nur -
erzähl die Geschichten!

 

Und dann der Schwenk , der auch einem Schwenk im Inneren des LI entspricht. Bis eben gerade das Sinnieren und auch schmerzliche Berührtsein von den Abgründen / Reißzähnen der Sprache -

und nun ein Darüber-Hinweggehen .... indem dem LD , das auf den Schmerz hin nur Lachen übrig hat, gesagt wird, es möge einfach weiter Geschichten erzählen.

 

Hier ist für mich ein Bruch im Innern des LI oder in dem, was es nach außen zeigt. Während die Gedanken ja weithin ziehen - sowohl in die ferne Zukunft ... als auch in die Tiefe der zellulären Ebene des Körpers ,

tut das Gefühl es obenhin ab.

 

Ein sehr nachdenklich und betroffen machendes Gedicht.

 

lG Sternenherz

 

 

 

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vor 2 Stunden schrieb Létranger:

Nicht müde wird das Erzählen. 
Ruhelos senken sich Worte, 
sickern ins Blut, 
siedeln im feinen Gewebe. 

 

Ruhen wird nicht die Welt,
bis alle Worte erstarren
im Ammonitenreich.

 

Hallo & Moin Létranger,

in früheren Zeiten hatte das gesprochenende Wort sehr viel Gewicht, heute das geschriebene Wort.  Politik, Nachrichten oder Begebenheiten wurden mündlich überliefert. Oft in Reimform, weil man es sich so besser merken konnte. Ammoniten ausgestorbene Meeresgetier Ende der Kreidezeit. Ihre Abdrücke sind auf vielen Meeressteinen gut sichtbar sind nicht vergessen. Können Worte erstarren in Vergessenheit geraten oder falsch überliefert werden. Mündlich wäre es auf jedenfalls so. Doch ein geschriebenes Wort steht schwarz auf weiß auf dem Papier. Das Einzige was passieren könnte wäre, dass man es falsch auslegt, das Wort nicht richtig versteht.

Dann wären wir bei den Lügenzungen. Worte die bei mündlicher Überlieferungen Tatsachen verändern könnten, bewusst oder unbewusst. Bei den schriftlichen Überlieferungen durch Unwissenheit (falsche Auslegung, etwas nicht richtig begreifen) Tatsachen verdrehen.

Ich finde dein Gedicht sehr interessant

LG Josina

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Hallo Josina.

 

Deine Lesart mit der besonderen Unterscheidung zwischen gesprochenen und geschriebenen Worten ist auch sehr interessant. 

 

Mir fiel gerade ein, wie viele gewichtige Worte irgendwann doch auch im täglich gesprochenen Wort landen. Man denke nur an die große  Karriere  der Worte von Sigmund Freud, ganz zu schweigen von Bibeltexten oder Faustzitaten ;-).

 

Gruß von Lé.

 

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Hallo Létranger,

ich melde mich spät, aber Deine Definition von Ammoniten lässt mir keine Ruhe. Du schreibst: "Ich dachte ja an die versteinerten Einschlüsse - Skelette, Meerestiere und ähnliches - die man mancherorts in den Steinen finden kann.

Denken darfst Du natürlich was Du willst. Aber erzähl einem gelernten Bergmann nicht, dass Ammoniten (auch) versteinerte Skelette sind. Ammoniten (ihr Name kommt von den Widderhörnern des Gottes Amun/Ammon) sind Weichtiere (ähnlich den Schnecken) mit einem Gehäuse, dessen Hohlraum sich nach dem Absterben des Kopffüßlers mit Sand füllte und im Laufe von vielen Jahren (ich spreche von ca. 200 Millionen) versteinerte. Ammoniten gab es ca. 50 Millionen Jahre lang und starben dann - über die Ursache wird noch gestritten - aus. Von der Körperhülle bleibt hin und wieder ein bisschen Perlmutt zurück (was den Ankauf von Ammoniten verteuert.

Ich erwarte von einem Gedicht nicht, dass der Poet die Ammoniten beim Vornamen kennt, aber er sollte sich vor grundfalschen Informationen hüten.

Gruß,

Heinz

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Hallo Hayk,

 

für die Deutung eines Gedichts spielt es keine Rolle, ob der Autor sich dabei etwas anderes und sachlich falsches gedacht hat - so wie ich, der hier eine falsche Verallgemeinerung im Kopf hatte.

Alle, die den Text lasen, haben bemerkenswerterweise auf eine durchaus passende Weise assoziiert, obwohl ich ich mich getäuscht hatte. 

 

Es täte mir unendlich leid, falls ich dich in deinem Wissen über die Welt verunsichert oder in die Irre geleitet haben sollte. Pardon.

 

Was mich angeht, kamst du zu spät, um mich aufzuklären, weil ein anderer Kommentator vor dir das schon getan hatte - nur nicht auf deine unnachahmliche Art und Weise ;-).

 

Grüße von Lé.

 

 

 

 

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