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Der tschechische Mai

 

Liebster Mai – Bist du verflogen,

schimmerst du so lieblich Gold,

mitten Wolken und den Wogen;

První máj – Du bist so hold.

 

Nun stand ich hier, ganz ohn‘ Entsagen,

vergaß ich Elend, Dramen, gar,

mein Herz, verliebt, es wollte schlagen,

da ich nun wieder hier mal war.

Vergaß ich Klagen und die Eide,

was hat die Liebe bloß vollbracht?

Vergaß ich alles, wenn ich leide,

nun wog ernüchternd jene Nacht.

Hoben sich gar welch‘ Gefieder,

brachten Träume übers Land,

sanken Bäume – Eichen nieder,

als der Tag zum Abend wandt. 

Drang die Glut in meiner Bruste,

stiegen Sterne mild empor,

wenn ich bloß die Liebe wusste,

blühte sie auch wie ein Flor.

Sie trieb verwahrt, mein gar Begleiter,

vergib‘ mir Seele, die verbannt,

wie soll ich leben? Letztlich weiter,

während mich der Tod umwand.

Wie soll ich dich bloß nicht verhehlen,

mit allem Gramen, die ich trug,

inmitten Angst und schwachen Seelen,

bis es mich zu Grunde schlug...   

 

Stand dort Jarmila, die Tränen verflossen,

stand sie alleine, am Grabe im Schein,

waren Augen durch Trübsal geschlossen,

rührte und spürte sie jeglichen Pein.

War sie durch Kummer so sehre getrieben,

schimmernde Blüten, sie regten geneigt,

wollte das Herze sich einfach verlieben,

hat‘ sich der Grame so wahrlich gezeigt.

Zogen die Wolken, so lebend und habend,

trieb durch die Erden ein gelblich‘ Gewand,

legte sich nieder, bereits nun Abend,

stahl er die Sonne mit seiniger Hand.

Starben die Blumen, wo andere keimten,

seufzte die Arme vertieft im Gemüt,

starben die Herzen, die sich wohl reimten,

als wären die Rose der Liebe verblüht.

Als wäre die Flamme so einfach vorüber,

erstickt von den Wellen der Leiden, so wahr,

wurde das Herze spärlich und trüber,

bis es das Elend und Trauer gebar.


Stand nun Jarmila, die bitter Beraubte,

brannte ihr Herze – so einfach bedrückt,

beugte sie schließlich stille ihr Haupte,

war ihre Liebe durch Kummer missglückt.

Seufzte und klagte sie in den Gedanken,

dachte und dachte sie darin so gewebt,

da die Tränen zu Grunde so sanken,

hat‘ sie seit langem nicht mehr gelebt.

Starb ihr Vilém durch Henker und Beile,

war es der Tod, der schnelle dann kam,

teilte der Henker ihn in zwei Teile,

während Vilém das Ende entnahm.

Wurde er milde wahrlich zerschlagen,

bleibt doch die Liebe bis heute bestehen,

mag nun Jarmila immer noch klagen,

werden die Wunden nimmer vergehen.

 

Quält sie für immer nun gar dieser Braste,

schwand auch die Liebe mit jeglichem Hieb,

brach gar die Seele durch spärliche Laste,

war doch am Ende der Henker der Dieb.

Dringen die Länder mit ihrigen Mienen,

ist es nun so – so sei wie es sei,

mag auch die Liebe auf ewig so dienen,

lebe für immer der tschechische Mai! 

 

Berlin, der 29.01.2024

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