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Sonettodehymnus

 

"Wer dichtet, muss ein Feingeist sein!
Gepflegtes schreiben, mild, erhaben,
muss sich am Edlen, Linden laben,
darf niemals derb, politisch sein!

 

Auch muss die Feder Werkzeug sein!
Ins Tintenfass getaucht und schaben,
das Werk darf keine Kleckse haben,
muss, wie der Reim, in Reinheit sein!

 

Bukowski, Houllebecq? Gottchen, nein!
Sie liest doch nur der Kunstbanause,
der Kleingeist ohne Feingefühl!

 

Wer dichtet, dient als Vestibül,
im Musentempel hold zuhause!"
An dieser Stelle schlief ich ein.

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Liebe Anonyma,

 

so so, ein Sonettodehymnus – oder doch ein Kabarettodehymnus:smile:?

 

Also, dem „Feingeist“ würde ich ja nicht mal widersprechen wollen. Zumal er sich nur in einem Buchstaben vom Weingeist unterscheidet... In dem bekanntlich die Wahrheit...

 

Aber mir ist schon klar wie es gemeint ist.

 

Und auch wie fein du deinen Sonettodehymnus gesponnen hast. Alleine das du in den beiden Quartetten vier mal das Wort „musst“ untergebracht hast... Wie deutlich vermisst man so den „Freigeist“ der im Verborgenen durch deine Zeilen gespenster.

 

Zum Beispiel wenn sich der „Feingeist“ im ersten Terzett als Kleingeist ohne Feingefühl enttarnt...

 

Aber auch der freche Kunstgriff in den Quartetten vier mal umfassend das Wort „sein“ als ScheinReim zu verwenden, und so die gewählte Form parodierend zu entmachten, bereitet mir Vergnügen.

 

Nicht das die Form grundsätzlich keine Berechtigung hat. Aber sie dient dem Menschen – und nicht etwa umgekehrt.

 

Ja Anonyma, mir gefällt dein Sonettodehymnus sehr sehr gut. Er hat sowohl handwerklich als auch inhaltlich einiges zu bieten.

 

Liebe Grüße und grinsende

 

vom Gaukel

 

PS Selbst bei den Verb schaben musste ich an das entsprechende Insekt denken. Evolutionsvollendet, äußerlich Starr, und weit ab von der Fähigkeit zu Begreifen oder zu Überraschen. Aber vielleicht kam mir das auch nur gerade in den Sinn, weil ich z. Z. an einem Brief an Kafka werkele...

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Lieber Joshua,

 

ja, da bin ich wohl gerade noch einmal davongekommen, ohne den letzten Vers, da - 

 

Ich geb's auf. Mir gelingt es einfach nicht, Späßchen zu machen, mein Sinn für Humor hat sich Urlaub genommen ... besser, ich versuche es erst gar nicht. Mir ist heute zu todernst zumute.

 

Danke für deinen 'Daumen hoch! Natürlich freue ich mich, wenn es dir gefallen hat, keine Frage. 

 

LG,

 

Anonyma

 

_____________________________________________________________

 

Lieber Gaukelwort,

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

so so, ein Sonettodehymnus – oder doch ein Kabarettodehymnus:smile:?

 

danke - ich mag Kabarett sehr. 

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

Und auch wie fein du deinen Sonettodehymnus gesponnen hast. Alleine das du in den beiden Quartetten vier mal das Wort „musst“ untergebracht hast... Wie deutlich vermisst man so den „Freigeist“ der im Verborgenen durch deine Zeilen gespenster.

 

Zuerst ergaben sich die beiden 'musst' im ersten Quartett von selbst - und dann dachte ich, hm, das könnte ich auch im zweiten Quartett nutzen. Ich hatte also den gleichen Gedanken wie du, als ich am Schreiben war.

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

Aber auch der freche Kunstgriff in den Quartetten vier mal umfassend das Wort „sein“ als ScheinReim zu verwenden, und so die gewählte Form parodierend zu entmachten, bereitet mir Vergnügen.

 

Mehr Schein als Sein. Scheinreim, also ich finde, damit triffst du des Pudels Kern; auch mit dem 'parodierenden Entmachten'. Und reimt sich natürlich auch auf Fein und auf Klein - und da hängt ja der 'Geist' hintendran fest oder so ...

 

Aber ich gebe zu, den meisten Spaß machte mir das Schreiben von 'Gottchen, nein!' Ich hatte den genauen Tonfall dabei im Ohr, den konnte ich wirklich 'hören'. 

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

Zum Beispiel wenn sich der „Feingeist“ im ersten Terzett als Kleingeist ohne Feingefühl enttarnt...

 

So isses!

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

Nicht das die Form grundsätzlich keine Berechtigung hat. Aber sie dient dem Menschen – und nicht etwa umgekehrt.

 

Ich schreibe selbst überwiegend in gebundener Form. Weil sie unterstützt. Ich sehe in ihr ein probates, sinnvolles Mittel um den Inhalt zu verstärken, Bestimmtes hervorzuheben etc. Ihre Wirkung kann man nutzen, für 'Effekte' aller Art u.s.w. Aber sie ist lediglich ein Werkzeug, das hast du gut ausgedrückt. Wenn die Form nicht dient, sondern herrscht, ist das Ergebnis meist schlechter als gar keine Form. Weil sie dann den Inhalt 'zerdrückt'. 

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

Ja Anonyma, mir gefällt dein Sonettodehymnus sehr sehr gut. Er hat sowohl handwerklich als auch inhaltlich einiges zu bieten.

 

Vielen, herzlichen Dank! 

 

Am 24.2.2022 um 11:48 schrieb Gaukelwort:

PS Selbst bei den Verb schaben musste ich an das entsprechende Insekt denken. Evolutionsvollendet, äußerlich Starr, und weit ab von der Fähigkeit zu Begreifen oder zu Überraschen. Aber vielleicht kam mir das auch nur gerade in den Sinn, weil ich z. Z. an einem Brief an Kafka werkele...

 

Ich dachte zwar jetzt nicht unbedingt an das entsprechende Insekt - aber ja, man kann daran denken. Stimmt. Du werkelst an einem Brief an Kafka? Klingt interessant!

 

LG,

 

Anonyma

 

___________________________________________________________

 

Lieber Carlos,

 

Am 24.2.2022 um 12:52 schrieb Carlos:

Einschlafen kann ich bei deinem wunderbaren Sonett nicht, liebe Anonyma. 

Im Gegenteil. 

Gaukel hat deinen Opus schon gewürdigt interpretiert und gelobt. 

 

ich danke auch dir herzlich, besonders für dein 'wunderbar'. Gerade heute bin ich sehr deprimiert, aus gegebenem und bekanntem Anlass, da kann ich jede Aufmunterung (über die ich mich natürlich auch sonst sehr freue!) besonders gut gebrauchen. 

 

Am 24.2.2022 um 12:52 schrieb Carlos:

Unum e pluribus te plaudit

 

Die Suchmaschine machte mich mal wieder schlauer - sofern sie stimmt, aber ich hoffe doch. Poeta gratias! 

 

LG,

 

Anonyma

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Am 24.2.2022 um 10:33 schrieb Anonyma:

Sonettodehymnus

 

"Wer dichtet, muss ein Feingeist sein!
Gepflegtes schreiben, mild, erhaben,
muss sich am Edlen, Linden laben,
darf niemals derb, politisch sein!

 

Auch muss die Feder Werkzeug sein!
Ins Tintenfass getaucht und schaben,
das Werk darf keine Kleckse haben,
muss, wie der Reim, in Reinheit sein!

 

Bukowski, Houllebecq? Gottchen, nein!
Sie liest doch nur der Kunstbanause,
der Kleingeist ohne Feingefühl!

 

Wer dichtet, dient als Vestibül,
im Musentempel hold zuhause!"
An dieser Stelle schlief ich ein.

 

Hallo Anonyma,

 

Ich möchte mich dem "wunderbar" von Gaukel gerne anschließen. Gekonnt geschrieben, unterhaltsam, gescheit! Der vierhebige Vers passt gut zur "spitzen Feder", die da "schabt" - herrlich dieser Ausdruck!

 

Und ich mag Houllebecq.

 

loop 

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Hallo, loop,

 

ich bedanke mich herzlich für dein Lob - das mich einigermaßen verlegen macht. Stimmt wirklich - es ist leichter, mit Kritik umzugehen, als mit Lob, trifft auf mich jedenfalls wirklich zu. Liegt vielleicht an meiner Großmutter, bei der ich aufwuchs, sie sagte öfter mal: Das größte Lob ist eine gut getane Aufgabe! 

 

Aber ich freue mich natürlich trotzdem, keine Frage!

 

Und ich freue mich, dass du die Vierhebigkeit bemerkt hast und auch darüber, dass sie, wie du sagst, 'gut passt'. Das hatte ich mir erhofft und es ist schön, wenn es auch so wirkt bzw. ankommt. 

 

Ja, das 'Schaben' machte mir auch Spaß. In doppelter Hinsicht, denn der 'Tintenkiller' war noch nicht erfunden, als man mit Feder und Tintenfass Gedichte schrieb. Da wurde auch tatsächlich ggf. ein Klecks oder ein Fehler vorsichtig und (möglichst) dünn 'abgeschabt', ging ja nicht anders und Papier war damals nicht so spottbillig wie heute. Es wurde ggf. sogar Papier zerschnitten und wieder zusammengeklebt, um Fehler zu beseitigen. Ich las da mal etwas darüber und fand es interessant - wie so vieles. *Schmunzel* Und dann findet so etwas ab und an bei mir auch den 'Weg in ein Gedicht'.

 

LG,

 

Anonyma

 

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