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Létranger

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Beiträge erstellt von Létranger

  1. Lieber Alexander, lieber Carlos,

     

    ihr habt das Gedicht zu einem sehr passenden Zeitpunkt gelesen. Jedenfalls hatte ich mir die Szene so vorgestellt, dass das LI nachts am Küchentisch sitzt, und mit sich oder einem imaginierten Leser spricht.

     

    Bis man die letzte Zeile liest "lange nach dir", könnte man den Titel und den Text zum Beispiel so deuten wie du @Alexander , als eine Antwort auf die Frage "Was bleibt, wenn man sich innerlich ganz vom Leben zurückzieht und abkoppelt?", oder auch als eine Antwort auf die Frage "Was bleibt, wenn man einsam und lebensmüde wird (z.B. im Alter)?".

     

    Die letzte Zeile ändert die Richtung des ganzen Textes, und spricht das Thema und die Frage an, die sich das LI hier stellt "Was bleibt von mir (lange) nach meinem Tod?", die sich das LI stellt, als es einsam und lebensmüde am Küchentisch sitzt.

    Mit dieser Zeile erst versteht man die Strophe "den Körper ausziehn / endlich / nicht mal Erinnerung" richtig, und auch das "hungrige Herz" und "der Schatten am Küchentisch" erfahren jetzt eine neue, wenn auch nicht "klare und einfache" Bedeutung. 

     

    Deshalb, @Carlos", verstehe ich deine "Anregung" so, dass du die Frage als Frage vor dem Tod verstanden hattest;  dann wäre mit der Antwort "doch dein hungriges Herz wird weiter schlagen" genug Antwort gegeben.

     

    Vielleicht verstehst du jetzt, weshalb ich sie nicht aufgreife. Du sprachst von einem anderen Gedicht, das nur bis zur letzten Zeile Bestand hatte.

     

     

    LG Lé.
     

     

     

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  2. die Zeitung legst du gelangweilt zur Seite
    der Küchentisch schweigt
    dein Kühlschrank will nichts wissen

     

    wozu worüber reden 

     

    den Körper ausziehn
    endlich 
    nicht mal Erinnerung 

     

    doch dein hungriges Herz 
    wird weiter schlagen
    und dein Schatten
     
    sitzt nachts am Küchentisch
    und schweigt

     

    lange nach dir
     

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  3. Hi Nesselrose,

     

    vor 10 Minuten schrieb Nesselröschen:

    Das Pflücken der Kinder gibt mir noch Rätsel auf: Es ist positiv besetzt. Heißt es, dass der/die Widersacher:in nicht nur versucht, das LI zu vernichten, sondern auch von ihm profitiert bzw. es nutzt?

     

    So kompliziert hatte ich da gar nicht gedacht. Ich dachte an einen kleinen Gartenfeind, der halb in meinem Garten, halb schon draußen wächst, und sich nicht kleinkriegen lässt, nicht wenn ich die sichtbaren Sprösslinge abschneide, und nicht wenn ich nach den Wurzeln hacke ;-).

     

    Ach mein wütiger Schweiß !!

     

    Freut mich, dass es dich angesprochen hat.

     

    LG Lé.

  4. so ein widerborstiges gestrüpp 
    das hartnäckig wo
    es nicht soll 
    aus den brüchen des randsteins 

    wächst

    sich verkrallt 
    im kargen geröll

     

    die grünen triebe 
    schneidest du
    pflückst meine kinder 
    hackst nach der wurzel 
    jahr für jahr

     

    tropft dein wütiger schweiß 
    in die klaffenden wunden

     

    ich bin 
    ja ich bin ...

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  5. Liebe Nesselrose,

     

    danke fürs aufmerksame Lesen und entblättern, und freue mich, dass es dir gefällt.

     

    Du hast vieles erfasst, nur eines noch nicht, über das vielleicht auch @schwarzer lavendel gestolpert ist.

     

    Dabei geht es mir um die Nacktheit der Worte, wenn sie sich aus der harten Schale (des alltäglichen Kontextes und Gebrauchs lösen).

    Man kann lesen "du streust sie "nur so" zwischen die Menschen" oder "du streust sie "nackt" unter die Menschen". Am Beispiel des Wortes "bloß" sieht man hier den Unterschied ;-).

     

    LG Lé.

  6. aus den büchern ans licht
    drängen sie 
    quellen aus bildschirmen
    springen die tonleitern hinauf 
    und hinunter
    leuchten in den fugen der tage
    sammeln 
    sich im schweigen

     

    in den nächten hörst du 
    ein reiben
    wie sie sich lösen 
    aus den harten schalen 
    den nackten klang erproben

     

    ausgestoßen mit dem atem
    rollen sie auf der zunge 
    stoßen an die zähne
    streifen die lippen

     

    und nun wirfst du sie neu
    zwischen die menschen 
    streust sie 

    bloß

    in die welt

     

    zeile für zeile
    deine worte

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  7. Hallo Rose,

     

    mir gefällt das lakonische Spiel mit den Worten, dem Rythmus und den Bildern.

     

    Ich sehe ein geselliges Zusammensein anlässlich eines Besuchs, den alternden Gastgeber, der sich angesichts einer attraktiven jüngeren Besucherin als Playboy fühlt und aufführt, und die Gattin als LI - she isnt amused, manch anderer der Teilnehmer mag amüsiert gegrinst haben.

     

    Aber das ist mein ganz privates Bild ;-).

     

    Liebe Grüße, 

    Lé. 

  8. Hi Perry,

     

    alles hat ein Maß, das man von Gedicht zu Gedicht neu finden muss, auch die Verdichtung - aber ich mag sie auch sehr gern.

     

    Auf das "vom Baum" wollte ich nicht gerne verzichten: 1. weil es so runder klingt, 2. weil ich mir als eine der Arten, das Gedicht zu verstehen, immer vorgestellt habe, wie eine Sonnengestalt mit ihren Armen Schattenlinien vom Baum auf den Boden wirft, so wie ein Netz ;-).

     

    Ich habe mich über deinen Besuch gefreut.

     

    LG Lé.

  9. Hi Carlos,

     

    schön, dass es dir so gut gefällt.

     

    Ich hatte im Verlauf der Arbeit am Text sukzessive alles gestrichen, was meine persönliche Intention ausgeführt oder erklärt hätte, und war dann zum Schluss noch unsicher, wie es wirkt.

     

    Aber es hat doch genügend Leser gefunden, die es mochten, so wie du jetzt.

     

    LG Lé.

  10. Liebe Enya,

     

    dein aufmerksames Lesen und Kommentieren macht mir große  Freude. 

     

    Wenn du im November aus dem oft nebligen München durchs bayerische Oberland in Richtung Berge fährst, dann kannst du diese Jahreszeit - den Spätherbst - richtig genießen.

    Du fährst aus dem Nebel in die sonnige Hügellandschaft. Wenn du aus der Bahn oder dem Auto aussteigst und spazierengehst,

    läufst du an Bäumen entlang und unter ihnen hindurch, in denen die Sonne sich durchscheinend verfängt, und dir Schattenlinien ins Gesicht malt. Auf den Wegen und benachbarten Wiesen liegt noch goldfarbenes Laub, in dem die Konturen der Wege verschwimmen. 

    Vielleicht gehst du mit einem Freund, vielleicht mit dem Partner.

     

    Du liest es so, wie ich es gerne gelesen sehen mag. Alles an dieser Szenerie hat auch seine Bedeutung im Innen- und Beziehungsleben der Spaziergänger: der November, die Sonne, das Licht, die Schattenlinien, das späte Gold, die Wege ...

     

    Vielen Dank,

    Gruß Lé.

  11. Liebe Sali,

     

    dein Gedicht spielt ein bisschen mit den Bildern, die wir vom bunten Herbst mit uns tragen. Natürlich weißt du aus eigener Erfahrung, dass das schöne Bilder sind ;-); ist ja quasi Allgemeingut.

     

    Ich habe bemerkt, dass du diese Reimgedichte im Walzertakt (hier Daktylen mit Auftakt) jetzt sehr sicher schreibst.

    Darum verzeih mir, wenn ich jetzt die Messlatte für dich etwas höher lege - für die nächsten Gedichte in dieser Form.

     

    Für den Genießer metrischer Gedichte ist der Takt hier zu rein, der Rhythmus zu gleichförmig - man nennt das "Leiern". Es ist ein Kennzeichen für Gedichte, die metrisch sauber sind, aber noch nicht genügend "Spiel" haben. 

     

    Der Überschuss an Gleichförmigkeit, den du hier erzeugt hast, entsteht, soweit ich sehe, im wesentlichen durch drei Konstruktionsmerkmale:

    1. Du benutzt zu viele dreisilbige Wörter, vor allem daktylische Adjektive (Xxx); es sind 10 Stück in den ersten 13 Versen; dann wirds besser.

    2. Du schreibst fast ausschließlich Verse, die aus einem einzigen Satzteil bestehen.

    3. Du variierst Takt und Verslänge nie.

     

    Bei deinem nächsten Gedicht dieser Art versuch doch mal folgendes:

    1. Versuche, die Länge der Wörter gut durchzumischen.

    2. Versuche, öfter mal ein Satzzeichen (Komma, Punkt, Semikolon, Doppelpunkt) mitten im Vers unterzubringen; das gilt auch dann, wenn du die Satzzeichen nicht benutzt (sondern nur im Kopf hast) ;-).

    3. Versuche mal die Länge oder den Takt zu variieren. Zum Beispiel könntest du in jeder (oder jeder zweiten) Strophe den letzten Vers kürzer machen, oder einen jambischen Vers einbauen.

     

    Im Detail könnten  das Ferdi und Claudi sicher noch besser erklären.

     

    Sorry für viel Klugscheißerei; aber einen Versuch ist es wert ;-).

     

    Liebe Grüße,

    Lé.

     

     

     

     

     

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  12. Hallo Gaukel,

     

    nicht auszudenken ;-). Schöner Hinweis!

     

    Hallo Sali,

     

    so wie du "ihn" beschrieben hast, kann man sich den männlichen Gefühlsfeind vorstellen (im Extrem), aber wie du auch bemerkst, etwas davon steckt in uns allen. 

     

    Und dass dieses Thema in der Regel Männer noch viel stärker angeht als Frauen, darin stimme ich dir auch zu.

     

    ich schreibe vielleicht mit etwas Abstand noch etwas zur Entstehungsgeschichte und Machart.

     

    Hat mich gefreut, hier von dir zu lesen.

     

    Liebe Grüße,

    Lé.

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