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Dat Weihnachtsbäumchen (rheinische Mundart) - XL


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Dat Weihnachtsbäumchen (rheinische Mundart)

 

Zum Christfest will ein Jedermann
en schönes Weichnachtsbäum‘chen han.
Mit Kugeln dran, ja dat wör nett,
dazu en schöne Lichterkett´.

 

Figürchen noch und Schokolädchen,
die hängt man dran am gold‘nen Fädchen.
Ja so ´ne Baum, der macht wat her
mit viel Lametta kiloschwer.

 

Der Kauf des Baums, ob Tann´, ob Fichte,
macht oft die Stimmung schon zunichte.
Bei so viel grundverschied‘nen Arten
kann man schon mal in Streit geraten.

 

Es gibt die Blau-, die Rote Fichte,
d‘rauf schwört dat Helga, uns’re Nichte.
Dat Gartencenter „Müller-Spies“
verkauft als Baum gern „Nobilis“.

 

Willst du ´ne Tanne, jib d‘rauf Acht,
wat dir am meisten Freude macht.
So kannst du en „Normale“ han,
jedoch auch eine Nordmann-Tann‘.

 

Hast du dann deine Wahl getroffen,
dann quasselt dich dein Frau besoffen.
„Mein Hasilein, mein süßer Purzel,
wir nehmen nur ´nen Baum mit Wurzel!

 

Mit Wurzel bleibt der länger frisch,
ob an der Wand, ob auf dem Tisch.
Du machst die Wurzel öfter nass,
dann ham‘ mer damit länger Spaß.“

 

Gehst du zu guter Letzt bezahlen,
dann folgen gleich die nächsten Qualen.
Du fühlst dich bei dem Preis geschröpft,
denn dein Budget dat is erschöpft.

 

Zum Glück, da hat der „Müller-Spies“
en Bäumchen, dat vielleicht wat fies.
Rechts in de Eck‘ -ein Blick tut lohnen-
da steht ´ne Baum für 10 Euronen.

 

Der is‘ wat klein und auch wat schiefer,
man säät dazu wohl „Krüppelkiefer“.
Mit diesem Krummling geht‘s nach Haus,
dein Weib sieht etwas mürrisch aus.

 

„Bei diesem Baum“, so kreischt sie heiser,
„sing‘ ich Oh Tannenbaum wat leiser,
den kannste dehnen und auch biegen,
den wirste niemals grade kriegen.“

 

„Nun wart’s doch ab, mein lieber Schatz,
der hät doch in de Eck‘ joot Platz.
Den richt‘ ich aus, sei nicht so bang,
zum Schluss mit der Gardinen-Stang‘.

 

Bring‘ mir schon mal, ich bitte sehr,
vom Hund die Badewanne her.
Die dient dem Bäumchen als Oase,
die fasst mehr Wasser als ´ne Vase.“

 

In dieser fehlverwandten Wanne,
da fristet jetzt die krumme Tanne
mehr schlecht als recht, in schiefer Lage,
mit ihrer Wurzel ihre Tage.

 

Auch unser Hund, der Ottokar,
sieht’s Bäumchen an, denkt: „Wunderbar“,
das Hinterbein schon angewinkelt
wird das Gehölz kurz angepinkelt.

 

„Pfui Ottokar, nu lass‘ die Tanne,
du jehst mit Frauchen in die Wanne,
an Lichtmess‘ kriegst du deine wieder,
dann sind verstummt die Weihnachtslieder.“

 

Jetzt wird das Bäumchen noch verziert,
mit Weihnachtskugeln aufdrapiert,
dann noch Figürchen -jede Menge-
als weihnachtliches Glanzgehänge.

 

Wo ist denn jetzt die Lichterkett‘?
Bestimmt in der Garasch‘, ich wett‘!
Bei Sommerreifen, Blumensamen,
fang‘ an ich nach der Kett‘ zu kramen.

 

Verflixt, die Kette bleibt verschwunden,
bis zur Bescherung noch 6 Stunden.
Zum Baumarkt flugs im Dauerlauf;
der hat ja noch bis zwei Uhr auf.

 

Ich hin zum Obi ans Regal,
die letzte Kette meiner Wahl
seh‘ ich schon aus der Ferne liejen,
die will ich unbedingt noch kriejen.

 

Der Metzger Schulze denkt das Gleiche,
dat is en Kerl wie eine Eiche.
Mit einem Sprung und einem Schrei
da hechtet Schulze schon herbei.

 

Doch ich bin schneller im Gedränge
und fliege durch die Menschenmenge.
Ich pack‘ die Kett‘ und renn‘ zur Kasse,
der Schulze folgt mir durch die Masse.

 

Und wütend haut -du glaubst es nicht-
der mir die Faust doch ins Gesicht.
Die Polizei -herbeigeeilt-,
die hat den Schulze eingekeilt.

 

Der Schulze, der sitzt jetzt im Bau,
ich schlepp‘ mich heim zu meiner Frau
und komme blutend anjekrochen,
weil meine Nase ja jebrochen.

 

Jetzt schnell die Kett‘ noch installiert,
wobei die Gattin intoniert
das Liedgut namens Stille Nacht,
derweil die Nase „Aua“ macht.

 

Und die Moral von der Jeschicht‘:
„Zum Christfest werdet hektisch nicht,
habt ihr kein Bäumchen für die Kammern,
ist dat kein Grund laut los zu jammern.

 

Stellt lieber einen Kaktus auf
und setzt ´ne Weihrauchkerze drauf.
Das Ding zwar klein, jedoch ich wette,
man braucht nicht mal ´ne Lichterkette!“

 

 

@Copyright Melda-Sabine Fischer – Näheres zu ihrem Autorenleben siehe Profil

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Liebe @Elisabetta Monte, manches Mal verfalle ich in den rheinischen Dialekt und so habe ich auch zu Beginn meiner Autorenlaufbahn einige Gedichte in Mundart verfasst. Aber die Leserschaft die hier nicht ansässig ist, so dachte ich, kann vielleicht damit wenig anfangen. Bei meinen Lesungen merke ich dann doch, dass es vielen gefällt. Und so schiebe ich ab und an ein Gedicht mit rheinischem Slang unter mein schriftstellerisches Hobby.

 

Ich freue mich, dass es Dir gefallen hat, und das mit dem Weihnachtsbäumchen und der Lichterkette sind noch Erfahrungen aus meiner Kindheit, wenn die Eltern ans Schmücken gingen. Heute kämpfe ich selbst oftmals mit der Lichterkette, die es zu entwirren gilt.

 

Liebe Grüße vom Niederrhein - Melda-Sabine

 

 

Ein adventliches Dankeschön für weitere Likes geht von Herzen an: @sofakatze, @Donna@JoVo@Cornelius, @Uschi R., @Marc Donis und @Gina.

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