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Geschlossene Gesellschaft


Empfohlene Beiträge

(Klamotte aus dem Fundus. Dort wäre sie wohl auch geblieben, wenn Melda-Sabine Fischers Gedicht "Ein Besuch im Zoo" mich nicht ermuntert hätte, diese Zeilen doch noch aus der Schublade zu fischen)

 

Der Morgen lichtet sanfte Schleier,

enthüllt den silberklaren Weiher.

Gelassen gondelt seine Bahn

ein schmucker Krauskopfpelikan.

 

Er macht sich für den Vogelpark 

seit Kurzem als Maskottchen stark,

denn letzten Monat ging in Rente

die altgediente Eiderente.

 

Zwei neuvermählte Seidenreiher

behüten eine Handvoll Eier.

Der Parkdirektor denkt: "Wie nett",

macht aus den Eiern ein Omelette,

 

nicht ahnend, dass ein Parkgast schaut,

just als er's in die Pfanne haut,

worauf der Stadtrat ihn entlässt

nach scharfem Publikumsprotest.

 

Der neue will sich willig finden,

die Vögel stärker einzubinden,

gibt Marabu und Sultanspecht

beschränktes Mitbestimmungsrecht.

 

"Nur wer", so fragt der Bali-Star,

der stets ein kluger Mahner war,

"vermöchte hier wohl einzudämmen

erneutes Eierkuchenschlemmen?"

 

Der Waldrapp nörgelt: "Welche Ehre!

Nun darf ich in der Großvoliere

mal eine kleine Reise wagen -

und muss die Nachbarschaft ertragen

 

von Gold- und Diamantfasanen

und Leistenschnabel-Blautukanen.

Hier wird mit Speis und Trank gesegnet,

wer sich in Freiheit nie begegnet."

 

Die Mennigohren-Bergtangare

stimmt zwitschernd ein: "Ist dies das Wahre,

dass mir die doofen Dolchstichtauben

die wohlverdiente Ruhe rauben?"

 

Der Strauß in seinem Domizil

hält auch nicht viel vom neuen Stil.

Den Kopf verbirgt er tief im Sand

und träumt von seinem Heimatland,

 

wo er noch niemals galoppierte,

da man als Ei ihn importierte -

genauso, wie der Bali-Star

im Leben nie auf Bali war.

 

Der Abendhimmel will sich röten,

der Kronenkranich nochmals tröten.

Wenn Kolibris am Nektar nippen

und Pfauen mit der Schleppe wippen,

 

dann löschen bald die Lichter aus

am Weiher und im Tropenhaus.

Der Safranfink will nicht mehr singen.

Er faltet seine müden Schwingen,

 

und auch der Inkakakadu 

begibt sich bunt beschopft zur Ruh.

Der Parkdirektor träumt im Bett

vom Straußeneier-Omelette...

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Hallo Cornelius,
schon wegen der vielen tropischen Protagonisten hat es sich gelohnt, dass Du diese tierische Satire aus dem Fundus geholt hast. 😉
Ich denke, die Problematik sind weniger die eher unwahrscheinlichen "Eieromelette" als die richtige Balance zwischen Tierschutz und Zuschauerattraktion zu finden.
LG
Perry

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vor 15 Stunden schrieb Cornelius:

(Klamotte aus dem Fundus. Dort wäre sie wohl auch geblieben, wenn Melda-Sabine Fischers Gedicht "Ein Besuch im Zoo" mich nicht ermuntert hätte, diese Zeilen doch noch aus der Schublade zu fischen)

Und was für ein Glück, lieber @Cornelius. Ein herrlicher Spaß und was für eine tolle Aufklärung darüber, wieviele Vogelarten es doch gibt. Gut, dass Du das ausgegraben hast. Wäre doch in der Schublade zu schade gewesen.

 

Herrlich 😄 - Melda-Sabine

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