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Schmuddelkind

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Alle erstellten Inhalte von Schmuddelkind

  1. Danke für dein Interesse. Ich suche ihn mal... Hoffe, dass ich ihn finde, weil ich mit meinen Texten nur schwer Ordnung halten kann. Zum Glück gibt es aber inzwischen Leute, die sich darum kümmern. War aber kein wirklich guter Text - eher so was wie eine Fingerübung damals, weil ich mich in das Kabarettistische einfinden wollte. Die Idee habe ich kürzlich wieder aufgegriffen und schreibe Fingerübungen, bis mir was Gescheites gelingt...
  2. Liebe jul, ich habe deinen Kurztext über diese bedeutsame Begegnung gerne gelesen. Gut geschrieben! Ich lese den Schluss so: Wenn es einen Gott gibt, hat er die ganze Welt, die Fülle der Erfahrungen und Emotionen mir zugedacht - mir und jedem Anderen bewussten Wesen, das die Schönheit der Schöpfung erkennen kann. Manchmal, wenn mir etwas Bedeutsames passiert, kommt mir der Gedanke, dass wenn nur irgendeine scheinbar unbedeutende Kleinigkeit in der Welt anders gelaufen wäre, ich jetzt nicht in dieser Situation wäre, fast als wäre die gesamte Weltgeschichte diesem Moment zugedacht, in dem ich, sagen wir mal, Pizza esse. Aber dies gilt auch für jeden anderen Moment eines jeden anderen Menschen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wenn ich so daran denke, löst sich für mich die Unterscheidung zwischen Zufall und Schicksal, zwischen Mittel und Zweck auf. Alles, was passiert, kann zugleich als Zweck und als Mittel für einen anderen Zweck betrachtet werden, wenn man denn Zwecke hineininterpretieren wollte. In etwa diese, für mich nur schwer in Worte zu fassenden Gedanken hast du aus meiner Sicht sehr gut auf den Punkt gebracht: "Ja. Alles Geschehene war nicht für oder gegen dich, es war wegen dir." Ich kann zwar nicht umhin kommen, dass ich mir auch ein Streitgespräch gewünscht hätte, denn der Alte hat ja auch ganz schön was verzapft, aber mir gefällt dennoch die philosophische Blickrichtung des Texts, für die Gott ja in erster Linie ein verständliches Sinnbild sein soll - das ist dem Text selbst wohl bewusst, an der Stelle, als augenzwinkernd der göttliche "Sexismus" angesprochen wird, über den ich gerne gelacht habe. Eine kleines sprachliches Detail hat mir nicht ganz so gut gefallen: "Überraschenderweise sah er ganz anders aus, als in meiner kindlichen Vorstellung. Traurigerweise handelte es sich jedoch unverkennbar um ein männliches Wesen" Vielleicht würde es der Passage guttun, wenn du den zweiten Satz beginnen würdest mit: "Zu meinem Bedauern" - einfach nur wegen des doppelten "-weise". Ansonsten aber sehr flüssig und spannend geschrieben. Man fiebert dem Dialog mit Gott wirklich entgegen und erwartet fast sehnsüchtig seine Antwort. LG
  3. Ja, das ist eines meiner Lieblingszitate, weil es einem vor Augen führt, dass die Jugend von heute nicht schlechter ist als die Jugend von damals und dass gängige Urteile über die Jugend eben in erster Linie aus den Augen von Erwachsenen entstehen, die zum Großteil ihre eigene Jugend aus den Augen verloren haben. Dieser Generationenkonflikt zieht sich wohl durch die Jahrtausende - nur die Utensilien verändern sich. Heute würde er sich wohl überdies noch über die Unsitte beschweren, dass die Jugendlichen in ihren Smartphones leben (wobei das ja eigentlich in der Aussagen über die Neigung zum Luxus schon ansatzweise enthalten ist). Habe mal vor Jahren einen kleinen kabarettistischen Text um dieses Zitat herum geschrieben.
  4. Lieber Freiform, jetzt schaffe ich es endlich, dir etwas ausführlicher zu schreiben. Ja, das tut es und es war genau die richtige Idee. Habe in Bezug auf Lenaus Schilflieder vor Kurzem geschrieben, dass ich es so schön feinfühlig fand, dass das Unaussprechliche unausgesprochen bleibt und man es dennoch zwischen allen Zeilen lesen kann - das ist dir hier auch gelungen, besonders durch die Konjunktive, was die Adressatin alles täte ("du würdest mich schelten, wenn du sehen könntest"; "du wärest stolz auf mich, wenn du sehen könntest"; "Du würdest dir eine spitze Bemerkung aber sicher nicht verkneifen können"; "Ich hätte dich dann liebevoll aber leicht beschämt angeschaut und erwidert"). Im Konjunktiv selbst ist viel Schmerz enthalten durch die Diskrepanz zwischen der fröhlichen Vorstellungswelt und der harten Realität, diese Interaktionen nie mehr mit dem Anderen führen zu können. Die Tatsache, dass der Ich-Erzähler an seine tote Frau schreibt, ist an sich ein herzzerreißender Vorgang, da hier das Empfinden über den Verstand siegt (der einem sagt, dass es ins Leere gehen muss) und in gewisser Weise den Tod überwindet. Der geliebte Mensch ist nicht mehr da, aber die Gefühle für ihn dauern fort. Indem du den Leser zum Zeugen dieser intimen Nicht-Begegnung machst (denn die Briefform ist die authentischste Form unter den Prosatexten, da der Text selbst bereits Teil der Handlung ist und dem Leser ermöglicht durch das Lesen selbst am Geschehen teilzuhaben), zwingst du ihn, sich auf diese scheinbar "sinnlose" Suche nach Nähe zum Verstorbenen einzulassen und selbst die Grenzen dessen, was der Verstand im Angesicht des Schmerzes begreifen kann, zuzugeben. Es ist also ein, allein schon durch die Form, enorm wirkungsvoller Text. Wundervoller Einstieg! Eine Verschachtelung etlicher Paradoxien und Spannungsverhältnisse, als die das Leben ohne den Menschen erscheint, der das Leben doch so bedeutsam machte. Da ist das nachvollziehbare Missverhältnis zwischen Wirklichkeit und Traum: Träume habe hier Vorrang vor der Realität und werden wohl durch das unbemerkte Verstreichen des Tages (der sowohl für die Zeit, als auch für das Erleben der Außenwelt steht) als realer erlebt als die Realität. Einerseits hat man als Leser den Impuls: Das sollte doch nicht so sein. Andererseits kann man es verstehen und neigt vielleicht sogar dazu, glücklich für den Ich-Erzähler zu sein, da er in der Realitätsflucht wenigstens Trost findet, in den Vorstellungen, mit dem geliebten Menschen noch immer zusammen zu sein. Eine solche Vorstellung ist eben auch die eingangs erwähnte Szene, dass die Verstorbene mit ihm schimpfen würde, dass er sich ebensolchen Vorstellungen zu- und der Realität abwendet. Dies erzeugt einen interessanten Widerspruch durch Selbstreferentialität, sodass das Schelten zwar als redliche Besorgnis der Geliebten erscheint und einen ersten Einblick in ihre Güte erlaubt, zugleich aber auch an Ernsthaftigkeit verliert, weil sie selbst wiederum ein Produkt der bescholtenen Vorstellungswelt des Ich-Erzählers darstellt. Dabei ist ja der Vorgang des Scheltens von Seiten einer geliebten Person selbst schon ein solcher Widerspruch zwischen Ernsthaftigkeit und Freude - ein Akt, der sich aus Liebe vollzieht und doch eine Einschränkung zum Ziel hat. In diesem ersten Satz lese ich schon die ganze Bandbreite der Empfindungen heraus, die die beiden füreinander gehabt haben müssen und denen er immer noch anhängt. Ein zweiter Blick in den Charakter der geliebten Verstorbenen: Wieder zeigt sich die Güte und Selbstlosigkeit in einer Aufforderung. Ja, das ist wahre Liebe, den anderen frei und glücklich wissen zu wollen, auch wenn man selbst keinen Vorteil mehr davon hat. Es ist ja nicht leicht, sich den geliebten Menschen glücklich mit einem Anderen vorzustellen, aber die Adressatin dieses Briefes überwindet solche inneren Widrigkeiten, weil ihr wirklich am Glück des Geliebten gelegen ist. Dieser wiederum kann dieses Glück nicht ergreifen, weil sie ihm in ihrer Güte und Liebe so wert ist, dass er nicht loslassen kann und wohl auch nicht will. Der Wunsch, für den Anderen da sein zu wollen, stirbt eben nicht mit dem Menschen. Hier hatte ich für einen Moment auch ein Bedenken, das Lichtsammlerin angesprochen hat: ob das Wort "Absprung" hier nicht vielleicht zu lapidar sein könnte. Aber als ich darüber nachdachte, verstand ich, dass das Wort sehr stimmig ist, denn es reflektiert das lockere, nahe Verhältnis der beiden. In der Liebe muss man sich nicht immer gewählt ausdrücken, um verstanden zu werden. Wow! Das geht mir sehr unter die Haut. Da steckt so viel ehrliche Selbstpreisgabe drin. Wie das Selbstbild hier eben auch vom Bild gestützt wird, das die geliebte Person gezeichnet hat! Auf diese Weise wirkt sie bis weit nach ihrem Tod hinaus auf liebevolle Weise auf ihn. Der "Hort des Lebens" ist hierfür ein wundervoll poetischer Ausdruck, der in aller Kürze alles sagt und keine Fragen mehr offen lässt. Klasse! Hier baut sich die Selbstwahrnehmung, die ja, wie bereits erklärt, auch mit der Fremdwahrnehmung durch die geliebte Person verflochten ist, zu einem Bild der Geliebten aus: Aufgrund der ihm bewussten Schwächen, ist er in der Lage zu verstehen, wie sie auf die Überwindung dieser Schwächen reagieren würde. Er kann ihr Leben nach dem Tod weiterspinnen, weil er sie kennt, weil Selbstwahrnehmung und gegenseitige Wahrnehmung so sehr miteinander verflochten sind, dass das Band, wie im ersten Absatz erwähnt wurde, nicht mehr getrennt werden kann. Und das ist dann auch die Conclusio des Textes aus meiner Sicht. Insgesamt ein sehr reflektierter und äußerst gefühlvoll geschriebener Text über ein nahegehendes Thema. Danke fürs Schreiben! LG
  5. Vielen lieben Dank an alle! Oh, das ist schmeichelhaft. Abschiede von einem geliebten Menschen haben etwas Widersinniges. Alles in einem schreit: "Bleib!" Und da soll man die Einsicht finden, dass man gehen muss? Vielen Dank! Ja, das Motiv des Blicks war mir hier sehr wichtig und das Gedicht wollte ich auch darauf aufbauen. Danke! Ich schreibe gerne über kurze Momente, die einem lange nachhängen. Vielen Dank für deine ausführliche Beschäftigung mit meinen Versen! Du hast den Widerstreit zwischen Verstand und Gefühl, mithin zwischen Außen und Innen wunderbar auf den Punkt gebracht. Oh, ich freue mich sehr, dass dir das aufgefallen ist. Darin offenbart sich auch der oben beschriebene Widersinn. Die Blicke verraten ja dem Gegenüber, dass man nicht gehen will, besonders wenn man Tränen in den Augen hat. Der Augenblick verweist aber darauf, dass dieser Moment vergehen muss und der Abschied unweigerlich stattfinden muss. LG
  6. Ein Schimmern von des Geistes Rand: Mir scheint, wenn ich die Wahrheit wüsste, verlör ich schließlich den Verstand, sodass ich fantasieren müsste. Ich will mich daher meinen Lügen im Streben nach dem wahren Sinn mit Redlichkeit und Demut fügen, so lange, bis ich bei mir bin.
  7. 1.2.2012 Liebe Babsi, zurzeit lese ich einen Roman über einen Schriftsteller, der die Menschen um sich herum, allen voran seine Geliebte, auf die niederträchtigste Weise manipuliert, um in seinem Leben eine anregende Geschichte zu finden, die er niederschreiben kann. Als ich Sanny davon erzählte, kommentierte sie es mit trockenem Witz: "Blöde Literaten!" Ich entgegnete, dass jener Schriftsteller zwar Einiges durcheinander bringe, aber dass man in seiner Geschichte auch etwas erkennen könne, das in der Kunst ohnehin von statten gehe. Ist es nicht so, dass das Leben, ob dies ein Künstler beabsichtigt oder nicht, sich ebenso aus der Kunst gestaltet wie die Kunst aus dem Leben? Wenn ich ein Gedicht schreibe, die entfesselte Euphorie, die stille Glückseligkeit, ebenso wie das düsterste Leid aus dem Innersten hervorhole, aus einer Seelentiefe schöpfe, die ich in meinem einfältigen Dasein sonst nie hätte ergründen können, so leitet mich dies doch an, dem Weg, der sich dabei auftut, zu folgen. Und in diesem Kreislauf aus Inspiration und Schöpfung mag es einem Künstler so vorkommen, als sei die Kunst das wahre Leben, wonach sich das irdische Dasein bloß abbilde. Zumindest weiß ich, dass der Stift das mächtigste Werkzeug des Menschen ist. Wie viele Poeten haben sich wohl schon in den Tod gedichtet? Sanny erkannte sich selbst in einigen meiner Worte, da sie, wie sie mir verriet, ihre Gedichte zwar nicht über sich, jedoch unmittelbar aus der Ehrlichkeit eines empfundenen Augenblickes heraus schreibe und weil ich weiß, wie sonst wohl niemand, was dies bedeutet, ist es mir, als nähme ich in solchen Momenten ihres Selbstgründens teil, wenn ich ihre Gedichte lese, als fände ich ihre Poesie in mir wieder. Und da wir uns wohl, wie ich es mir kaum anders erklären kann, in der Inniglichkeit einer gemeinsamen Poesie begegnet sein mussten, äußerte sie ihren Wunsch, sich noch eingehender mit mir auszutauschen. Ohne es zu wissen, hatte ich wohl darauf gewartet und ergriff den Moment, ihr vorzuschlagen, künftig miteinander zu telefonieren.
  8. Schmuddelkind

    1.2.2012

    Liebe Babsi, zurzeit lese ich einen Roman über einen Schriftsteller, der die Menschen um sich herum, allen voran seine Geliebte, auf die niederträchtigste Weise manipuliert, um in seinem Leben eine anregende Geschichte zu finden, die er niederschreiben kann. Als ich Sanny davon erzählte, kommentierte sie es mit trockenem Witz: "Blöde Literaten!" Ich entgegnete, dass jener Schriftsteller zwar Einiges durcheinander bringe, aber dass man in seiner Geschichte auch etwas erkennen könne, das in der Kunst ohnehin von statten gehe. Ist es nicht so, dass das Leben, ob dies ein Künstler beabsichtigt oder nicht, sich ebenso aus der Kunst gestaltet wie die Kunst aus dem Leben? Wenn ich ein Gedicht schreibe, die entfesselte Euphorie, die stille Glückseligkeit, ebenso wie das düsterste Leid aus dem Innersten hervorhole, aus einer Seelentiefe schöpfe, die ich in meinem einfältigen Dasein sonst nie hätte ergründen können, so leitet mich dies doch an, dem Weg, der sich dabei auftut, zu folgen. Und in diesem Kreislauf aus Inspiration und Schöpfung mag es einem Künstler so vorkommen, als sei die Kunst das wahre Leben, wonach sich das irdische Dasein bloß abbilde. Zumindest weiß ich, dass der Stift das mächtigste Werkzeug des Menschen ist. Wie viele Poeten haben sich wohl schon in den Tod gedichtet? Sanny erkannte sich selbst in einigen meiner Worte, da sie, wie sie mir verriet, ihre Gedichte zwar nicht über sich, jedoch unmittelbar aus der Ehrlichkeit eines empfundenen Augenblickes heraus schreibe und weil ich weiß, wie sonst wohl niemand, was dies bedeutet, ist es mir, als nähme ich in solchen Momenten ihres Selbstgründens teil, wenn ich ihre Gedichte lese, als fände ich ihre Poesie in mir wieder. Und da wir uns wohl, wie ich es mir kaum anders erklären kann, in der Inniglichkeit einer gemeinsamen Poesie begegnet sein mussten, äußerte sie ihren Wunsch, sich noch eingehender mit mir auszutauschen. Ohne es zu wissen, hatte ich wohl darauf gewartet und ergriff den Moment, ihr vorzuschlagen, künftig miteinander zu telefonieren.
  9. Wie kann ich deine Blicke spüren, die mich wie Träume streifen und die mich tief zu Tränen rühren und nicht nach ihnen greifen? Wie kann ich sie vergehen lassen und nicht an ihnen halten, den Augenblick vor dem Verblassen zu einem Bild gestalten? Am liebsten schlöss ich nie die Lider und bliebe vor dir stehen und weiß sehr wohl: ich muss doch wieder aus deinen Blicken gehen.
  10. 29.1.2012 Nein Babsi, so sehr ich deine aufgeregte Neugier verstehe - so töricht will ich nicht sein, mich von einem Unglück in das nächste zu stürzen. Jetzt wirst du alles bereden wollen und um uns die Zeit zu ersparen, antworte ich dir gleich: Berlin liegt nicht eben auf meinen Routen, selbst wenn ich sehr ausgedehnte Spaziergänge suche. Dies allein verbietet schon jede weitere Sehnsucht und doch weiß ich, dass du es nicht gelten lassen wirst, mich so sachlich dieser Angelegenheit zu entziehen. Also sei versichert, dass ich in ihrer Freundschaft alles finde, was ich in der Hinneigung zu Menschen suche! Ihre Zuwendung regt mich dazu an, mich mitzuteilen, ihre Worte lassen mich zur Ruhe kommen, in ihren Gedanken erkenne ich mich selbst, auch und gerade dann, wenn sie mir ganz neu sind und ihr heiteres Gemüt weckt in mir längst verdrängte Lebensfreude. Wenn ich dies alles gefunden habe, wieso sollte ich nach mehr verlangen? Nichts weiter will ich sein als demütig und dankbar ob dieser Freundschaft. Allerdings gefällt mir dein Einfall außerordentlich, ich solle einmal mit ihr telefonieren. Hab dafür tausend Dank! Denn auf das Naheliegendste wäre ich nicht gekommen. Ich werde es ihr bestimmt vorschlagen.
  11. Liebe Anonyma, du hast die Widersprüche, die der anthropozentrischen Weltsicht inneliegen, gut aufgedeckt und ganz salopp durch den Kakao gezogen. Besonders der Widerspruch zwischen dem Anspruch, aufgrund des vermeintlich überlegenen Intellekts ein höheres Wesen zu sein und der Uneinsichtigkeit, dass ebendies unseren Untergang nebst anderen Lebewesen bedeuten könnte, deren Aussterben wir durch unser kurzsichtiges Handeln bewirken. Mir imponiert dabei sehr dein lockeres Spiel mit der Sprache und insbesondere die angesprochene Stelle: "dann stirbt er sich noch selber aus". Daher möchte ich kurz auf Lichtsammlerins Kritik eingehen: Aber das ist ja gerade das Faszinierende an der Formulierung. Lyrische Sprache muss sich ja zum Glück nicht an die Beschränkungen von Alltagssprache halten. Indem aus einem intransitiven Verb ein reflexives Verb gemacht wurde, wird deutlich, dass das Aussterben der Menschheit kein passives Erleiden natürlicher Selektionsprozesse sein wird, sondern ein selbst herbeigeführter Akt. Man mag die Entwicklungen, die dazu führen, nicht als solche wahrnehmen, mag sie wie zufällige Ereignisse wahrnehmen. Aber es ist für die Zukunft der Menschheit (und des Planeten) ungemein wichtig, dass wir unseren Anteil an Phänomenen wie dem Klimawandel erkennen. Durch die bewusste Entscheidung zum reflexiven Verb wird deutlich, dass wir uns bewusst für eine Alternative entscheiden müssen, jenseits des herkömmlichen Denkens. LG
  12. Liebe Lichtsammlerin, dein Gedicht gibt inhaltlich etwas Raum zur Interpretation und vermittelt dennoch ein Gefühl von Verzweiflung. Das ist eine Kunst für sich, Gefühle zu transportieren, ohne zu erklären, worauf diese Gefühle sich gründen. Ich lese es als die Flucht eines Heranwachsenden vor einem gewalttätigen Elternhaus. Diese Passage finde ich klasse! zunächst der konkrete Tag, also ein Zeitpunkt, dann der Hinweis, dass dem Zeitpunkt eine längere Entwicklung vorausging, wobei "Zeit" hier als Zeitraum verwendet wird und im selben Satz noch die Wiederholung des Wortes "Zeit", diesmal in der Bedeutung von "Zeitpunkt". Jetzt! ist die Zeit! Diese Bewegung verdeutlich die Entschlusskraft des Beschriebenen. Was ich interessant finde: Die erste Strophe folgt ganz klar mechanisch dem Jambus. Gegen Ende hin ufert das Gedicht jedoch metrisch aus und ich frage mich (bzw. dich), ob es beabsichtigt war. Es wirkt vielleicht ein wenig wie ein Befreiungsschlag, den man ja auch inhaltlich in dem Gedicht erkennen könnte. LG
  13. Liebe Letreo, sehr beachtlich, wie du dich ganz eng an die Vorgabe gehalten hast und den langen Kampf gegen den Alkoholismus durch ein langes Gedicht beschrieben hast! Allein schon des Fleißes wegen gebührt dir Respekt, aber dass es so gut geworden ist, mit natürlich wirkender Wortwahl und technisch perfekt - alle Achtung! Noch dazu hast du es geschafft, ein sehr schweres Thema (und du schriebst ja auch, dass es dir selbst nahe geht) ganz unverkrampft, fast schon locker zu bedichten, ohne es in die Albernheit hinabgleiten zu lassen. LG
  14. Liebe Letreo, warum trennen wir uns von manchen Dingen so ungern? Nicht wegen der Dinge selbst! Was kostet so eine blöde Kühlbox? Ist doch nur n bisschen Plaste, n bisschen Metall und Elektrik. Es hat seine Gründe jenseits des Materiellen - Erinnerungen, die damit verbunden sind, Gefühle, die mit dem Erinnern aufgeworfen werden, Bewusstwerdung der Diskrepanz zwischen Vergangenheit, vergangener Hoffnung und Gegenwart, Nostalgie, Enttäuschung - ein halbes Seelenleben ist in so einem Gegenstand eingeschrieben, der die Jahre überdauert hat. Fast erscheint mir das Gedicht daher nicht wie der Abgesang auf eine Kühlbox, sondern wie eine wehmütige Reflexion über das eigene Leben, insbesondere über eine sich dem Ende neigende, langjährige Beziehung. Die "letzte Reise" deutet an, dass die Box (naheliegender Weise) vorher schon auf Reisen war - gemeinsame Urlaube: "Weißt du noch? Du, ich und die Kühlbox, quer durch Europa in unserem alten Ford." Das sind Gedanken, die aufgeworfen werden, Erinnerungen an die vergangene Wir-Bildung. Was ich so schön an deinem Gedicht finde: dass es solcherlei Gedanken andeutet, aber eben dem Leser Raum lässt, seine eigenen Kühlbox-Erinnerungen wirken zu lassen. Es zeigt und erzählt nicht zu viel. Daher: klasse geschrieben! LG
  15. Lieber Matze, die Idee, die Szene aus Sicht der Seele des verstorbenen Partners zu beschreiben, ist klasse. Den Verlust eines geliebten Menschen zu begreifen, ist eine kaum tragbare Bürde und so neigt man dazu, ihn nicht einfach als "gegangen" anzusehen, sondern ihn noch immer in der Nähe zu spüren. Gerade in den ganz einsamen Momenten - da ist der Unterschied zwischen "allein" und "zu zweit" am größten und man stellt sich vor, wie der Andere noch immer da ist, mit einem auf dem Sofa sitzt und sich Fotoalben anschaut. Dein Gedicht nimmt diese Prämisse und verfolgt sie mit größerer Ernsthaftigkeit, indem es dem zur Seite Gedachten Gedanken und Gefühle zugesteht, ihn zu einer realen Person macht, aus dessen Perspektive die Trauer des LD erlebt werden kann. Dann drängt sich mir die Frage auf: Was wäre, wenn der Verstorbene nicht nur als Hirngespinst, sondern wirklich als Seele da wäre? Könnte man diese beiden Zustände unterscheiden? Das LI ist sich bewusst, dass das LD es nicht sehen kann und dass wohl auch die Worte des Trostes kein Gehör finden und die Wünsche, das LD auch mit Berührungen zu trösten. Wenn nun das LD sich das LI nur vorstellt, so sind all die Worte und Gedanken des LI auch erfunden und damit im Bewusstsein des LD vorhanden. Wenn das LI wirklich ist, so wird das nicht anders sein, denn auch dann werden dem LD solche Gedanken kommen, nur dass eben diese Gedanken mit der Wirklichkeit des verstorbenen Menschen korrespondieren. Letztendlich ist kein Unterschied zwischen der bloßen Vorstellung und der metaphysischen Präsenz auszumachen. Ein tröstender Gedanke, denn die aus Verzweiflung geborenen Illusionen von Nähe könnten genauso gut real sein und das wird hier insbesondere durch die Perspektive des Verblichenen erreicht. Herzergreifend! Und philosophisch obendrein: Wissen ist ja nichts anderes als die Gewissheit, dass Dinge real sind. Ob sie jenseits des Bewusstseins real sind oder nicht, spielt keine Rolle für das, was ich weiß. So gesehen ist ein ganz fester Glaube auch Wissen. Wissen selbst bedingt Glauben sogar - damit meine ich freilich nicht notwendigerweise Gottglauben oder so. Aber das meiste, was wir wissen, beruht ja darauf, dass wir unseren Augen trauen. Und manchmal ist es gar nicht so verkehrt, seiner Intuition zu vertrauen. Die zweihebigen Verse verstärken die Nähe aus meiner Sicht klanglich und dies geht einher mit einer einfachen, aber nicht plumpen Sprache, die Vertrautheit und Intimität ausdrückt. Die dreitaktischen Versfüße und die Tatsache, dass die Verse manchmal mit, manchmal ohne Auftakt beginnen, lassen das Gedicht, passend zum Thema, sehr lebendig und naturwüchsig erscheinen. Über eine Stelle könnte man vielleicht noch drüber gehen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau: Damit ich es metrisch passend lesen kann, muss ich das "du" betonen. Das geht schon irgendwie mit ein wenig Gewalt, widerstrebt aber so ein bisschen der Intuition. Da könnte man überlegen, ob man den Vers irgendwie umbauen sollte, z.B. so: "und kannst dich auch manchmal" Nur ein Vorschlag. Aber da gäbe es bestimmt auch andere Möglichkeiten. Jedenfalls ein sehr schönes Gedicht, das ich gerne gelesen habe. LG
  16. Interessant übrigens auch die Beinahe-Dopplung dieses Verses (wollte ich doch eigentlich in meinem ursprünglichen Kommentar schon erwähnen), da dem LI ja die Worte ausgehen und dann muss man sich eben wiederholen und zugleich verstärkt es auch die Intensität, mit der diesem Wunsch Ausdruck verliehen wird.
  17. Gute Idee! Mal sehen, ob sofakatze es tatsächlich absichtlich kreieren wollte. Dann ist halt noch das "es" davor. Weiß nicht so genau, ob das auch Sinn macht. Aber dass da etwas in die Verse eingeschrieben sein soll, scheint mir angesichts des Titels über den Wunsch des LI hinaus, das LD in Verse zu fassen, auch nicht abwegig. Habe schon versucht, ein Telestichon hinein zu lesen, aber das hätte wohl zu wenig Aufregendes zu bieten. Könnte aber auch das Geräusch sein, das jemand macht, dem im Angesicht der geliebten Person die Worte fehlen. Ich werde weiterhin Ausschau halten, ob da noch irgendwas kreuz und quer gelesen werden kann... Auf diese Weise werden Leute übrigens paranoid.
  18. Schmuddelkind

    29.1.2012

    Nein Babsi, so sehr ich deine aufgeregte Neugier verstehe - so töricht will ich nicht sein, mich von einem Unglück in das nächste zu stürzen. Jetzt wirst du alles bereden wollen und um uns die Zeit zu ersparen, antworte ich dir gleich: Berlin liegt nicht eben auf meinen Routen, selbst wenn ich sehr ausgedehnte Spaziergänge suche. Dies allein verbietet schon jede weitere Sehnsucht und doch weiß ich, dass du es nicht gelten lassen wirst, mich so sachlich dieser Angelegenheit zu entziehen. Also sei versichert, dass ich in ihrer Freundschaft alles finde, was ich in der Hinneigung zu Menschen suche! Ihre Zuwendung regt mich dazu an, mich mitzuteilen, ihre Worte lassen mich zur Ruhe kommen, in ihren Gedanken erkenne ich mich selbst, auch und gerade dann, wenn sie mir ganz neu sind und ihr heiteres Gemüt weckt in mir längst verdrängte Lebensfreude. Wenn ich dies alles gefunden habe, wieso sollte ich nach mehr verlangen? Nichts weiter will ich sein als demütig und dankbar ob dieser Freundschaft. Allerdings gefällt mir dein Einfall außerordentlich, ich solle einmal mit ihr telefonieren. Hab dafür tausend Dank! Denn auf das Naheliegendste wäre ich nicht gekommen. Ich werde es ihr bestimmt vorschlagen.
  19. 28.1.2012 Ja Babsi, ja, ich weiß, wie sie aussieht (sie schickte mir ein Foto) und ja, sie ist schön - um es ganz ehrlich zu sagen, so schön wie ihre Gedichte: eine unausgeschmückte, selbstgenügsame Schönheit, ein Blick aus klaren, blauen Augen, wie aus einer unergründlichen Seelentiefe, zarte Lippen, die nichts verlangen, als zu lächeln und dunkles, geheimnisvolles Haar. Nie habe ich das Gemüt eines Menschen so sehr in seinem Äußeren entsprochen gesehen. Aber jetzt red mir bloß nichts ein, was du am Ende doch nur bereuen wirst! Nein, ich bin ganz und gar glücklich mit dem Werden, dass ich ja nichts sein möchte, schon gar nicht ein verzweifelt Liebender.
  20. Schmuddelkind

    Aufgewühlt

    Vielen lieben Dank, zoe! Ja, diese Tragik zwischen Innen- und Außenwelt findet uns immer wieder in verschiedenen Formen. Die klassischste und vielleicht auch schmerzlichste Form ist die der unerfüllten Liebe. Ich mag den Begriff des Weltschmerzes, wie er von Schlegel (so weit ich weiß; weiß aber nicht mehr welcher Schlegel) definiert wurde als die eigene Unzulänglichkeit, die in der Unzulänglichkeit der Welt gründet. LG
  21. Sehr schön, liebe sofakatze! So viel Schüchternheit im Denken bei so viel Kraft im Empfinden - interessanter Gegensatz, der durch die ausbleibenden Worte und dem Rosenhauch auf den Wangen mit reizenden Sinnbildern ausgedrückt wird. Ja, es ist kaum möglich, das wahre Empfinden auszudrücken, das man für einen geliebten Menschen hat - folgerichtig erscheint mir da der lapidare Schlussvers: "ich kann nur eins: es lassen". Der Schluss ist umso interessanter, weil der "Abbruch" auch formal unterstützt wird: in den ersten beiden Strophen könnte man fast den Eindruck gewinnen, das Gedicht liefe auf ein Sonett hinaus: gut, die alternierende Anzahl der Hebungen in den Versen stimmt dazu nicht, aber sonst scheint mir das Gedicht den Eindruck zu erwecken, es wolle mehr sein (wie ja auch das LI mehr will als angesichts der unglaublichen Stärke der Empfindung zu schweigen). Die letzte Strophe bricht sehr abrupt mit dieser Hoffnung. Jeder Versuch, nach Größe und vollendeter Form zu streben, ist der Zartheit und Intimität der Liebe zuwider und so muss dieses Gedicht fast verkümmern. Und das ist überhaupt nicht bedauerlich, denn im Verkümmern dieses Strebens selbst ist die eigentliche Nähe zu finden, die Akzeptanz des Soseins, mithin die Akzeptanz des Anderen, wie er ist. LG
  22. Schmuddelkind

    28.1.2012

    Ja Babsi, ja, ich weiß, wie sie aussieht (sie schickte mir ein Foto) und ja, sie ist schön - um es ganz ehrlich zu sagen, so schön wie ihre Gedichte: eine unausgeschmückte, selbstgenügsame Schönheit, ein Blick aus klaren, blauen Augen, wie aus einer unergründlichen Seelentiefe, zarte Lippen, die nichts verlangen, als zu lächeln und dunkles, geheimnisvolles Haar. Nie habe ich das Gemüt eines Menschen so sehr in seinem Äußeren entsprochen gesehen. Aber jetzt red mir bloß nichts ein, was du am Ende doch nur bereuen wirst! Nein, ich bin ganz und gar glücklich mit dem Werden, dass ich ja nichts sein möchte, schon gar nicht ein verzweifelt Liebender.
  23. Schmuddelkind

    Aufgewühlt

    Ich sehne mich nach deinem Kuss und weiß sehr wohl: ich sollte nicht. Doch fördert leider der Verzicht nur, dass ich an dich denken muss. Ach, wärst du mir doch nur so nah wie jener Schmerz, der mich zerfrisst, weil du nunmal so nah nicht bist! Ach, wär doch irgendetwas wahr! Es ist OK, red ich mir ein. Doch scheinbar bin ich auch zu dumm, mich umzustimmen und warum - warum, das weiß nur ich allein.
  24. Vielen Dank für die überaus positive Reaktion, liebe Gina! Naja, ich war auch selbst ein paar Tage weg, aber unser Fehlen wurde wohl kaum bemerkt, weil das Forum selbst ja ein paar Tage "weg" war. Aber schön, dass wir uns alle wieder hier einfinden und über Lyrik sprechen können. LG
  25. Schmuddelkind

    In einem Bild

    Vielen Dank, Matze! LG
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