Zum Inhalt springen

Patrick

Autor
  • Gesamte Inhalte

    109
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle erstellten Inhalte von Patrick

  1. @Cornelius, du hast diesen spröden Götterstoff sehr, sehr amüsant verarbeitet. Ich hab's gern gelesen. Stefan, kannst du den Humor in Cornelius' Zeilen herauslesen? Man liest ja in Gedichten gern das hinein, was man lesen möchte. Aber Sein Gedicht zu lesen daraufhin rechte Vor"denker" wie den Bernd zur Sprache zu bringen (beides gewissermaßen also zu verlinken) ist echt unangemessen!
  2. Ah, ich liebe solche Gedichte!! Die Struktur allein, dieses abgesetzte, bedachte Vortragen des Gedichts (ich lese mir die Gedichte, die ich hier lese, stets selbst laut vor, um sie besser fühlen zu können) fängt mich ein. Inhaltlich lese ich darin von einem LI, dass sich selbst nach einer Katastrophe verloren hat - und nicht wiederfindet, denn der Wind trägt es (oder die Erinnerung an sich selbst? Mit dem Winde der Zeit?) sachte fort, nach überall. An einer Stelle würde ich den Rotstift ansetzen: "letzte glüh-/fünkchen brennen/ unter der haut" Für mich passt es nicht in das Bild eines LI, das längst verloren ist und vom Winde nach weggetragen wird. Eine weitere Anregung: Um dieses achte, geradezu flüsternde Ausklingen zu betonen, würde ich die letzte Strophe in zwei Verse trennen. Somit komme ich zu dieser Version deines Textes nach überall inmitten all dieser asche suche ich mich hab vergessen wo ich verloren ging - inmitten all dieser asche bläst ein wind mich sachte fort
  3. Genauso lese ich dein Gedicht, liebe @Donna! Ich lese es als Einladung, den Garten der Poesie zu betreten. Jeder Mensch, der das will, hat den Schlüssel. Ich selbst helfe gern freimütig bei der Suche danach und gebe jedem einen Wegweiser zu diesem Garten, der nicht schnell genug weglaufen kann. 😄 Poesie ist es, die den Umgang mit dem uns Umgebenden erträglicher macht.
  4. Danke für's wohlwollende Lesen, lieber @Cornelius! Nein, leider bin ich längst schon ein ziemlicher Digitalarbeiter geworden. Handschriftlich mache ich nur noch Aufzeichnungen, mit denen ich keine Absicht zum Veröffentlichen hege. Immerhin arbeite ich mit Versionen, sodass kluge Köpfe in der Zukunft untersuchen können, in welchen Iterationen ein Text entsteht.
  5. Konrads Kugelschreiber Es gibt Begegnungen, in denen einem nur ein einziger Gegenstand geschenkt wird, der ein Leben verändert. Eine solche Begegnung hatte ich mit Konrad. Ich begegnete Konrad an einem milden Wintertag im Park ganz in der Nähe der Klinik, in der ich seit mehreren Tagen eingewiesen war. Er saß auf einer Parkbank gegenüber des kleinen Kliniktteichs und löste Sudokus. Ich setzte mich zu ihm, grüßte kurz und schaute ihm zu, wie er beflissen Zahlen in die Kästchen eintrug. “Ein schöner Kugelschreiber”, bemerkte ich, um ins Gespräch zu kommen. Es war ein goldfarbener, verschnörkelt geformter Kugelschreiber mit arabischen Schriftzeichen verziert. Dieser Kugelschreiber konnte also mit Fug und Recht als schön bezeichnet werden. Konrad selbst aber war augenscheinlich mitteleuropäischer Herkunft. Da fällt ein solcher Kugelschreiber in der Hand eines Mitteleuropäers durchaus auf. “Danke”, sagte dieser wohl bereits über 80-jährige Mann mit brüchiger Stimme und löste stumm weiter sein Sudoku. Kliniktage sind furchtbar langweilig: Niemand, den ich dort kenne. Niemand, mit dem ich bereit bin, ein längeres Gespräch über einen bündigen “‘n Tag” samt Nicken zu führen. Es würde auch nichts bringen. Denn die Klinik ist im Wesentlichen eine Psychiatrie, bewohnt von Suchtkranken, die die Gesellschaft gern vergessen würde. Und der andere Teil der Klinik, in dem ich aufgenommen war, ist eine neurologische Abteilung. Dort sind nahezu alle Insassen bettlägerig. Nur Konrad eben nicht. Und ich. Da er weit und breit der einzige Mensch war, mit dem ein Gespräch anzufangen lohnend erschien, blieb ich hartnäckig und versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln. “Sind das chinesische Schriftzeichen auf dem Kugelschreiber?”, gab ich mich unwissend. Diese gespielte Ahnungslosigkeit schien seine Schweigsamkeit zu brechen. Er klärte mich auf, dass es sich selbstverständlich um arabische Schriftzeichen handele und er diesen Stift selbst aus Syrien mitbrachte - und begann, mir seine Geschichte zu erzählen. Als dieser Mann von mittlerweile 83 Jahren noch mitten im Leben stand, war er als Isoliertechniker in aller Welt unterwegs. “Kälte, Wärme, Schall und Blech”, berichtete er, “das konnte ich alles wie kein Zweiter!” Noch zu DDR-Zeiten war er einer der gefragtesten Isoliertechniker seiner Produktionsgenossenschaft. Und sein Wissen war in aller Welt gefragt. Gerade bei den Systemfreunden aus dem Nahen Osten waren Kühlhäuser in den 70er Jahren sehr beliebt. Als Vorarbeiter wurde er nach Syrien, Jemen, Saudi Arabien stets mit all seinen Mitarbeitern entsandt. “Mit den Leuten in Syrien hätte ich nicht arbeiten können.”, sagte er. “Die hatten alle zwei linke Hände.” Er und seine Leute fühlten sich im Nahen Osten zwar wie die Pinguine in der Wüste, wie er scherzhaft meinte. Doch gerade während der Schneekatastrophe ‘78/ ’79 war es ihnen ganz recht, in Nahost zu sein und nicht im Schnee zu versinken. Es kamen noch viele weitere Länder hinzu, in die er entsandt wurde. Die Kühlhäuser im Nahen Osten tragen noch heute seine Handschrift. Und von all den Stationen, an denen er tätig war, nahm er sich stets die Zeit, die engen Gassen der Städte zu erkunden - und nach Kugelschreibern Ausschau zu halten. Und stets wurde er fündig. Anfangs tat er es nur aus der Verlegenheit, keinen eigenen mehr zur Hand zu haben. Es gab ja immer irgendetwas aufzuschreiben. Und außerdem wollte er für sein “Mäuschen” in der Heimat seine Erlebnisse festhalten. Mit der Zeit aber wurde eine Leidenschaft daraus. Und ein Tick: Mit jedem Kugelschreiber wollte er seine Erlebnisse festhalten, doch nur ein einziges Kapitel aus seinem Leben pro Kugelschreiber. Danach habe der Kugelschreiber alles gesagt, was es zu einem Erlebnis zu sagen gibt. Und so sammelte er Kugelschreiber wie auch Erlebnisse. Nur unterschiedlich mussten sie sein. Keinen Kugelschreiber, kein Erlebnis wollte er doppelt festhalten. Und gab es einmal nichts Neues zu erleben, so kramte er in seinen Erinnerungen. Da war die Geschichte vom schönsten Mädchen seines Dorfes. “Die musste ich haben!”, sprach er mit leuchtenden Augen. Und er eroberte sie. Nur hatte sie leider einen miserablen Charakter. Selbst die Eltern seiner Eroberung fragten ihn später verwundert, warum er sich ausgerechnet für sie entschieden hatte. So schnell, wie er dieses Erlebnis aufschrieb, so schnell war auch die Beziehung zu Ende. Da war die Geschichte von seinem “Mäuschen”, mit dem er schon seit 65 Jahren verbunden und seit 57 Jahren verheiratet ist. Sie war nicht gerade die Schönste aus dem Dorf, dafür aber die Liebste. Jeden seiner Auslandsaufenthalte, jedes Fernbleiben, als ihre Kinder geboren wurden, jeden mitgebrachten Kugelschreiber, der ihre kleine 53-Quadratmeter-Wohnung noch voller machte, hat sie ihm verziehen. Da war auch die Geschichte vom Bombenbunker, in den er als Drei- oder Vierjähriger jede Nacht hinunter musste und nicht verstand, warum er nicht in seinem eigenen Bett schlafen durfte. Seinen Vater hat er kaum kennengelernt. “Den haben die Russen einfach ausgeknipst.” erzählte er, noch immer voll Grollen gegen die einstigen großen Brüder. Nein, das ist kein Teil seines Lebens, an den er sich gern erinnert. Den Kugelschreiber, mit dem er dieses Kapitel seines Lebens aufschrieb, warf er anschließend weg. Heute, da er längst schon die Blechschere aus der Hand gelegt hat, blickt er auf weit über 1.000 Exemplare aus allen möglichen Teilen der Welt: manche bauchig und durchsichtig, andere mit metallischem Glanz und kunstvoll in sich verdreht. Jeder einzelne aber trägt einen Schriftzug, einen Werbespruch. Nur solche haben einen Wert für ihn. Seine Wohnung ist zum Leidwesen seiner Frau zu einem wahren Kugelschreibermuseum geworden. Für jeden einzelnen Stift hat er Regalbretter so präpariert, dass er seine Funde einzeln aufstellen kann. Und wenn er an seiner Sammlung vorübergeht, sich manche Exemplare genau anschaut, dann erinnert er sich kurz an jedes einzelne Erlebnis, das er mit diesem oder jenem Kugelschreiber aufschrieb. Nun, da seine arthritische Hand schon so steif geworden ist, dass er keinen Kugelschreiber mehr greifen, sondern nur noch wie in einen Schraubstock einspannen kann, hat er aufgehört, an seinem Leben zu schreiben, Gelegentlich löst er noch ein paar Rätsel und Sudokus. Doch sein Leben sei ausgeschrieben, sagt er. All das erzählte mir Konrad in kaum zwei Stunden, in denen wir am Teich saßen und der Natur beim Natur sein zuschauten. Als unser Abschied näher rückte, schenkte er mir seinen Kugelschreiber. “Schreib dieses Erlebnis hier auf, und alle anderen, die du noch haben wirst, bevor du sie wieder vergisst.” So ist es nun geschehen.
  6. Hmmm, mir ist die Aussage dieses Gedichts nicht ganz klar, lieber @gummibaum. Ist es Religionskritik? Dann verfehlt sie ihr Ziel, denn die angestaubte Geschichte Abrahams hat längst nichts mehr mit aktuell praktizierter Religion zu tun. In solcher Form werden keine Glaubensbeweise mehr eingefordert. Oder ist es doch vielmehr eine Metaher, dass wir unsere Liebsten nicht für Gützenbilder opfern sollten? Ich könnte meinen Sohn "opfern" und in antreiben immer besser in der Schule zu werden, um das BSP irgendwann noch mehr zu steigern... Oder wolltest du dir bloß einen Spaß mit einer alten Geschichte erlauben?
  7. Das Sprichwort kenne ich, lieber Andreas. Doch lässt es sich auf Freundschaften übertragen? Wann ist eine Freundschaft tot geritten? Bis wann lohnen sich Wiederbelebungsversuche? Ich bin da sehr unschlüssig...
  8. Patrick

    Vom Beenden einer Freundschaft

    Vom Beenden einer Freundschaft Ich habe eine Freundschaft beendet. Ganz offiziell und unmissverständlich. Ich wählte Worte dafür, von denen ich hoffte, dass sie nicht verletzen; dass sie trotz des harten Schnitts respektvoll, gar versöhnlich wirken. “Ich kann dir nicht mehr geben, was du brauchst, und du kannst mir nicht mehr geben, was ich brauche.” Schön, oder? Schöne scheiße… In mir fühlt es sich so an, als würde ich über das noch schwelende Aschefeld eines gerade erloschenen Waldbrandes stolpern: es glüht (in mir), es ist schwarz (in mir), alles ist vernichtet (in mir). Immerhin, die Entscheidung, die ich so lange vor mir her trug, mündete nun in eine befreiende Endgültigkeit. Doch der Freiheit folgt das Fragen: War es das wert? Eine Freundschaft zu opfern, um nicht mehr zu enttäuschen, um Freiheit zu gewinnen, Platz zu machen? Platz wofür? Für ein bisschen mehr innere Leere? Ich zweifle. Ich zweifle an meiner Entscheidung, Ich zweifle an mir, an dem Glauben, ich hätte das Richtige getan. Doch Umkehr von meiner Entscheidung? Ausgeschlossen. Diese Freundschaft, die ich nun bewusst beendet habe und nicht bloß auslaufen ließ - sie hielt fast zwei Jahrzehnte. Jahre, in denen wir beide ganz unterschiedliche Lebenswege gegangen sind und es doch immer wieder geschafft haben, uns auf einer gemeinsamen Basis zu begegnen. Doch diese Basis bröckelte mit jeder aufgedeckten Unterschiedlichkeit, ganz unscheinbar. Und wurden Risse bemerkt, so versuchten wir sie mit gemeinsamen Erlebnissen behelfsweise wieder zu schließen. Doch ein irritierter Blick des anderen, wenn wir einander von unseren Erlebnissen berichteten, eine falsch verstandene Bemerkung, die zeigte, dass wir das Leben des anderen nicht so ganz begreifen - und der Riss war wieder aufgetan, gar größer als zuvor. Und er klaffte fortwährend weiter auf. So, wie wir dachten - und handelten - und miteinander redeten - und mit anderen Menschen umgingen - so konnte es nicht weitergehen. - Der Abstand wurde dauernd größer. So habe ich schließlich das Feuer zwischen uns gelegt. War es auch ein Funken nur - ein erster weggedrückter Anruf, eine erst Tage später beantwortete Textnachricht - so ließ ich es doch zu, dass viele weitere Funken am Zunder zündelten. Offene Worte hätten löschen können. Ein “Erkläre mir, warum du das so seltsam siehst.” Oder ein “ Ich würde da ganz anders handeln!” Stattdessen tat ich so, als würde ich ihn verstehen, spielte Zustimmung vor, unterstützte ihn gar in seiner Weltsicht - beinahe ohne Widerspruch. So nährte ich das Feuer. Was bleibt? Eine unbequeme Stille in mir. Daneben manche bittersüß eingefärbten Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse aus der Zeit, als wir uns noch gut verstanden. Und immer wieder die erzwungene Selbstbestätigung, dass meine Entscheidung unausweichlich war. Es war ja schließlich eine ganz und gar ausgehöhlte Freundschaft geworden, eine Abhängigkeit, die es aufzulösen galt. Ich konnte doch gar nicht anders. Oder? Zweifel bleiben. Auch die nüchterne Kenntnisnahme, dass er nun kein Zeitdieb mehr für mich ist. Und ich nicht für ihn. So sage ich es mir immer wieder vor. Doch bei allen Begründungen und Erklärungen, mit denen ich mir meine Zweifel kühle, so glüht es doch noch weiter in mir. Ich werde wohl noch einige Zeit knietief in der Asche dieser Freundschaft stehen. Möge Neues daraus hervorgehen.
  9. Hallo @Lydia J., zu den Bildenden Künsten kann ich mich so, wie meine Vorredner, kaum äußern. Darin bin ich leider zu unbewandert. Jedoch zur Form deines Textes möchte ich gern einige Worte da lassen. Auf mich wirken die Verse mit einem, manchmal zwei, sehr selten drei Worten wie ein vorsichtiges Herantasten, ein allmähliches Ent_decken an die Bedeutung des betrachteten Kunstwerks. Es ist eine Übersetzung des Wahrgenommenen in Sprache, ein bedachtes Finden der geeigneten Worte. Wie ich mir selbst den Text laut vorgelesen habe, so tat ich es, Vers für Vers, abgesetzt, geradezu flüsternd - so als wäre ich selbst in einer Galerie, in der Stille angemahnt ist. Danke für deinen Text. Ich kann mich gut darin hineinfinden.
  10. Hallo Seeadler, ich habe deine Text sehr gern gelesen und kann dazu sagen, dass es auch umgekehrt sehr schief gehen kann. Ich sage gern: Meine Mutter hat bei mir gewohnt, nicht ich bei ihr. Gelegentlich kam sie mal nach Hause, um mich zu verwalten, das Nötigste bereit zu stellen. Den entstandenen emotionalen Schaden habe ich bis ins Erwachsenenalter, bis in meine mittlerweile gescheiterte Ehe hineingetragen. Darin habe ich so sehr gehofft und gewartet, um dieses Angenommenwerden, dieses Geliebtsein zu erfahren. Es kam jahrelang nicht (oder: auf eine Weise, wie ich es nicht wahrnehmen konnte). Nun, nach der Trennung, fange ich, mittlerweile 40-jährig, an emotional zu gesunden. Ein Irrsinn, welchen Schaden Erwachsene bei Kindern anrichten können... Meinen Kindern, ein Junge, zwei Mädchen, wird es nicht so gehen. Die bekommen all meine Aufmerksamkeit und Anerkennung.
  11. @Dali Lama Vielen lieben Dank für deine präzise Analyse! Deine Variante des Gedichts habe ich soeben in den Ursprungspost auf die Bühne gehoben. Im Laufe des Tages werde ich die Zeit finden, eingehender auf deine Analyse einzugehen. @Lydia J. Auch dir lieben Dank für deine Anmerkung zu Dali Lamas Variante.
  12. Ihr Lieben! Ich danke euch vielmals für eure Nachrichten! Es freut mich sehr, in so kurzer Zeit nach der Veröffentlichung des Texts gleich so einige Auseinandersetzungen mit meinem Gedicht zu lesen. Vielen, vielen Dank dafür! @Cornelius Ich danke dir für deine Auseinandersetzung mit meinem Text. Einige deiner Vorschläge (Die "Muskeln sind nicht darunter 😉 ) finde ich wirklich gut und werde sie in einer zweiten Version des Gedichts hineinfließen lassen. Ich poste es im Nachgang zu dieser Nachricht. @Lydia J. Hab auch du lieben Dank für deinen Kommentar. Ich sehe es wie du: Muskeln haben in diesem Text (selten in der Poesie, wie ich finde) nichts verloren. 🙂 @horstgrosse2 Wow, gleich eine alternative Variante zu meinem Gedicht lese ich hier! Hab lieben Dank dafür! So möchte ich den Text als solches gern stehenlassen. Für meine zweite Variante habe ich aber eigene Ideen; wortgleich werde ich deine Variante also nicht übernehmen.
  13. 3. Variante (von @Dali Lama) Ich komm’ und komm’ nicht an dich ran - Die Worte, die ich such’ und die ich wähle, Die ich mit scharfem Messer aus mir schäle - Du hörst sie immer falsch, mit falschem Klang. Wie Fremde schau’ ich meine Worte an, Vergleich' sie mit der längst vergang'nen Blüte. Sie weichen von mir, nehmen ihre Hüte. Zurück bleib ich ganz sprachlos, ohne Drang Mich länger an den Worten festzubinden, Dich nur auf diesem einen Weg zu finden. Ich setz' zum letzten Sprung nach vorne an, Zu überwinden diesen tiefen Graben, Den Worte heimlich aufgerissen haben: Doch immer noch komm' ich an dich nicht ran. 2. Variante (mit support von @Cornelius, @Lydia J., @horstgrosse2) Ich komm’ nicht an dich ran Ich komm’ und komm’ nicht an dich ran - Die Worte, die ich such’ und die ich wähle, Die ich mit scharfem Messer aus mir schäle - Sie werden falsch gehört, mit falschem Klang. Wie Fremde schau’ ich meine Worte an, Vergleiche sie mit der vergang'nen Blüte. Sie weichen von mir, nehmen ihre Hüte. Zurück bleib ich ganz sprachlos, ohne Drang Sie zu verfolgen und sie einzukesseln Und sie mit Strick und Seil an mich zu fesseln. So setze ich zu einem Sprunge an Mit meinem Mut, dem letzten, übers Loch, Das zwischen uns sich aufgetan. Und doch: Ich komm’ und komm’ nicht an dich ran - 1. (ursprüngliche) Variante Ich komm' nicht an dich ran Ich komm und komm nicht an dich ran - Die Worte, die ich such’ und die ich wähle, Die ich mit scharfem Messer aus mir schäle; Sie werden falsch gehört, mit falschem Klang. Wie Fremde schau ich meine Worte an, Vergleiche sie mit der vergang'nen Blüte. Sie empfehlen sich und nehmen ihre Hüte. Zurück bleib ich ganz sprachlos, ohne Drang Sie zu verfolgen und sie einzukesseln Und sie mit Strick und Seil an mich zu fesseln. So nehm ich allen Mut in mir zusamm' Und setze an zum Sprung über dies' Loch Das zwischen uns sich aufgetan. Und doch: Ich komm und komm nicht an dich ran -
  14. Ein schöner Fund im Alltag, dieses Lächeln in der U-Bahn, lieber @Jan Fischer. Mein Geheimtipp dazu: selbst lächeln! Einfach so und aus tausend Gründen. 😄 Das hat das Potenzial, all den mürrischen Gesichtern ihren Murr zu nehmen.
  15. Ich mag, wie dein Gedicht lange Zeit im Ungefähren verbleibt, lieber @Marc Donis. Die ersten Verse wecken in mir die Lust, die Botschaft dahinter zu entdecken (wenngleich der Titel auch die Richtung vorgibt. Beinah schade finde ich es da, dass du mit dem sehr deutlichen Hinweis auf die Sehnsucht nach dem Atropin jede Mutmaßung ausräumst und dem Gedicht eine unmissverständliche Botschaft verleihst. Das Gedicht käme ohne diesen Hinweis aus. Hier und da, finde ich, sind manche Reime sehr gewollt. lieb' - Dieb, Kirschen - wirschen, Frau - genau, wahre - verharre. Da lohnt es sich, nochmal nachzuarbeiten, um aus diesem guten Text einen sehr guten zu machen.
  16. Patrick

    Über Leben

    Über Leben I Es gibt Menschen, die's genießen, Wenn die Kontostände sprießen. Wo Summe sich zu Summe fügt, Der Euro überm Dollar siegt, Da spüren sie das Glück, die Lust In ihrer ausgedörrten Brust. Doch ich, ich bin für's Leben! Ich bin für ungeplante Tage, Für die Summe, die wir zwei ergeben. Für’s Ungewisse uns'rer Zukunft. Abseits ausgetret’ner Pfade, Suche ich die Nähe Deiner unnahbaren Kostbarkeiten. II Es gibt sie, diese feinen Pinkel, In deren Herz ein rechter Winkel Die Welt nach Maß und Mitte misst Und starre Regeln, kühl und trist, Dem Leben um den Halse schnürt Und dabei keine Reue spürt. Doch ich, ich bin für die Freiheit! Ich bin für’s Chaos des Funkenflugs Unserer Gedanken, für's Fühlen Aller Zweifel uns’rer Bindung. Und bringst Du auch Abstand zwischen uns: Ich find’ in deiner Freiheit Meine feste Bindung am Leben. III All jenen mit zerbroch’nem Herzen, Die sich in fehlgestimmten Terzen Selbst bejammern, gar verzagen, Dem eig’nen Lebensmut entsagen. Möcht’ ich raten: Trotz Verdruss, Vertraut nur auf des Lebens Fluss. Denn ich, ich bin für die Liebe! Ich bin für's Ungewisse Der nächsten Liebkosung Solcher Lippen… Der Kuss, Den Du zum Abschied da ließest, Nährt und versorgt mich Bis zum nächsten Kuss.
  17. Ein schönes Credo für den Erhalt der Kindlichkeit in einem selbst, liebe @Uschi Rischanek! Schöne Bilder, schöne Reime, gelungene Metrik. Gern gelesen!
  18. Eine schöne Gegensätzlichkeit bildest du hier, liebe @MonoTon, aus unbelebtem Aschfahlgrau und dem Leben in Form dieses Bäumchens, dass sich trotz aller Widernisse durchsetzt. Besonders mag ich deine Wahl der Adjektive. Gern gelesen!
  19. Patrick

    Harry

    Ac, wie schön,, lieber @gummibaum! 🙂 Hab gut gelacht über diese Streiche. Danke dafür!
  20. Hallo hollipoc, ih gestehe, dass auch ich gern ab und an entrückte Gedichte veröffentliche. Mein Gedicht "Dies' Blatt..." ist ein Beispiel dafür. Doch kritische, politische Gedichte sehe und schreibe ich auch sehr gern. Besonders viel Resonanz erwarte ich dabei nicht. Es ist mir auch nachvollziehbar, dass viele Lesende ob der vielen Katastrophen, die uns tagtäglich vorgesetzt werden, die Lust verlieren sich mit Kritik an diesen Zuständen auch noch auseinanderzusetzen. Doch ich möchte dich und jeden anderen Menschen dazu ermutigen, weiterhin politische Gedichte zu veröffentlichen. Gerade im Kampf gegen die AFD brauchen wir Protest auf allen Kanälen, auch den poetischen.
  21. Liebe(r) @hollipoc, es freut mich, hier wieder einmal ein politisches und insb. eines geen das rechte Geschwür unserer Gesellschaft zu lesen. Allzuoft beschleicht mich nämlich beim Lesen einiger Gedichte in diesem Forumdas Gefühl, wir würden angesichts all der Bedrohungen unseres Lebens ohnmächtig in einen Neo-Biedermeier abdriften. Gerne mehr davon!
  22. Ein schönes, athmosphärisch stimmigies Bild zeichnest du in deinen ersten Versen, liebe @Seeadler, um dann mit dem Vers "gerade so wie ich" (der genauen Mittelachse des Gedichts - war das gewollt?) auf eine persönliche Ebene zu schwenken. Mit einer gewissen Schwere in mir lese ich die folgenden Verse, freue mich aber, dass das LI in diesem alten Haus seinen Frieden gefunden hat.
  23. Ein sehr schönes Gedicht ist dir da gelungen, liebe Kirsten. Es ist eine Hoffnung, die wohl jeden trägt, den Ballast des Tags wie ein Kleidungsstück abzulegen, den armseligen Anforderungen der anderen zu entsagen, um zumindest für diese eine Nacht, neu gekleidet, den Reichtum der Sterne, der Liebe zu empfangen. Mir ist es bisher nicht gelungen, eine Nacht, ein Traum so wahrzunehmen. Hast du da ein Geheimrezept, wie das geht? 🙂
  24. Patrick

    Olegs Rekord

    Olegs Rekord Oleg ist etwas gelungen, worüber man noch sehr lange reden wird (zumindest aber bis zur nächsten Sensation). Mit einem WSK-DMR 99X, Kaliber 11,8 x 112 mm, hat er aus 3.974 Metern Entfernung (das ergab später die Satellitenmessung) sein Ziel neutralisiert. Ein neuer Weltrekord! Seine Tat geschah an einem Wintermorgen. Er lag allein in seinem Versteck, das er in der Nacht zuvor bezog, als er durch sein Fernglas aus großer Entfernung ein bewegliches Objekt erspähte. Er wartete, beobachtete, studierte dessen Bewegungen. Er prüfte die Windgeschwindigkeit, errechnete die ballistische Kurve, maß die Zeit bis zum Einschlag: Wenn seine Kugel mit etwa 840 Metern pro Sekunde fliegt, dann trifft sie ihr Ziel in vier bis fünf Sekunden. Er legte sein Gewehr an die Schulter, prüfte noch ein letztes Mal die Einstellung seines Visiers, legte das Fadenkreuz auf sein Ziel. Dann drückte er ab. Er zählte… zwei… drei… vier… sein Ziel sackte zu Boden und ein einsamer Schuss hallte über die weite Flur. Sein Ziel ist nun kein Feind mehr. Es kann auch kein Freund, kein Vater, kein Bruder, kein Sohn mehr sein. Übrig bleibt nur ein Klumpen Körper, der in den nächsten Stunden in diesem kalten Winter steif frieren wird. Eine Träne glitt aus Olegs Auge. Wird wohl ein kalter Winterwind gewesen sein, dachte er. Wütende Schüsse kamen ihm nun entgegen. Oleg sank zurück in sein Versteck. Die wütenden Kugeln bohrten sich in die Bäume des kleinen Waldes in seinem Rücken. Wenn es wirklich so ist, dachte er, dass man die ganze Welt rettet, wenn man nur einen Menschen rettet; heißt das dann umgekehrt auch, dass man die ganze Welt zerstört, wenn man nur einen einzigen Menschen tötet? Oleg kratzte sich am Hinterkopf. Lautlos wich er nun aus seinem Versteck, während viele weitere wütende Kugeln ihn als Ziel suchten. Zurück im Kommando-Unterstand gab er Bericht von seiner Tat. Sein Führungsoffizier fletschte die Zähne, bellte ein zufriedenes Lachen und schlug Oleg anerkennend auf die Schulter. Männer wie ihn brauche es, sagte er zu Oleg, um den Feind zu demoralisieren. Oleg lächelte und ließ sich die lobenden Worte auferlegen. Eine Woche nach seiner Tat waren die Ersten Seiten von Olegs Rekord mit allen bekannten (und auch selbst ihm unbekannten) Details gefüllt. Die Journalisten ergossen sich in blumigen Worten von diesem heroischen Erfolg, wie es ihn bisher noch nie gegeben hatte. Mit diesem Sieg sei eine neue Form der Kriegsführung entstanden, die schon bald zum Ende aller Kampfhandlungen führen werde. Olegs Name wurde bei der Berichterstattung nicht genannt. Er hieß dort “Spezialagent des Geheimdienstes”. In den Tagen darauf wurde seine Brigade mit Anfragen überhäuft. Oleg solle “exklusive Interviews” mit den ganz großen Medienvertretern führen. Man wolle hautnah erfahren, wie es ist, einen solchen Rekord aufzustellen. Hat der Gegner beim Einschlag geschrien? Floss Blut? Was fühlte Oleg, als er seinen Gegner in sich zusammensacken sah? Man wolle auch Fernseh-Interviews mit ihm führen. Man werde ihn zum Superstar machen! Natürlich alles anonymisiert, gemäß den Vorgaben der Armee. Oleg stutzte, als sein Führungsoffizier ihm davon berichtete. Er bekam den Befehl, diese Interviews zu führen. Er solle seinen “glorreichen Erfolg” ausschmücken und mit Stolz davon berichten. Das werde die Moral in der Bevölkerung heben. Dafür bekomme er auch ausgiebigen Fronturlaub. Doch Oleg ist nicht nicht stolz, Es gibt auch keinen Ort, kein Mensch zu dem er zurückkehren könnte. Oleg nahm den Befehl entgegen, salutierte - und versank in Gedanken. Bald schon wird er also ein Held sein… seine Einheit in aller Munde.. sein Werdegang in der Armee bis in jeden dunklen Winkel ausgeleuchtet. Und das alles nur, weil er aus großer Entfernung ein Menschenleben auslöschte. Oleg zündete eine lilafarbene Kerze an: Heute beginnt die Adventszeit. … …und da nicht verzweifeln.
  25. Ein sehr tiefer Text, lieber @Marcel, der zum Interpretieren einlädt. Nach Jahren haben zwei Liebende jeweils eigene Denk- und Fühl-Räume entwickelt, die mit Worten nicht beschrieben, nicht beschreibbar sind. Darin sind schwebende Horizonte (ein beeindruckendes Sprachbild btw.). Horizonte, die sich in Schatten, in Träume auflösen - und doch darin verbleiben. Die Räume der beiden Liebenden besitzen keine verbindende Tür. Sie haben einander nichts Verbindendes aus der jeweils eigenen Welt über den trennenden Tisch zu erzählen.
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Community-Regeln
Datenschutzerklärung
Nutzungsbedingungen
Wir haben Cookies auf deinem Gerät platziert, um die Bedienung dieser Website zu verbessern. Du kannst deine Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass du damit einverstanden bist.