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Wer seine Leiden küssen würde


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vor 8 Stunden schrieb Anaximandala:

Mir fallen keine 5 Schreiber ein, die in freier Form harmonisch lesbare Texte schreiben...

 

Meinst du jetzt in Lyrikforen? Also wenn ich mich hier umschaue, ist das meiste gereimtes Gulasch. Ich glaube, die Kennzeichnung als "freie Form" ist für viele einfach ein Alibi für "null Metrikkenntnisse". Das würde ich von der Begrifflichkeit nicht allzu ernst nehmen. 

 

vor 8 Stunden schrieb Anaximandala:

Ob Goethes Erlkönig, Schillers Spruch des Konfuzius, Rilkes Stundenbuchgedichte oder Fontanes Herr von Ribbeck, möglicherweise könnten sie metrisch glatter sein, aber nirgends wirkt das fehlende Metrum als Mangel,

 

Nein, für mich müssen die nicht glatter sein. Was du mit "freier Form" meinst, ist metrische Füllungsfreiheit. Der Erlkönig zum Beispiel ist weitgehend jambisch, aber mit freier Füllung, d.h. einige Senkungen sind mit zwei Silben besetzt. Wenn man sehr metrumsicher ist, kann man das ohne weiteres machen oder die noch etwas freiere Form, den Knittelvers verwenden. Da kommt es nur auf die Hebungszahl an. Die Senkungen dazwischen können beliebig besetzt werden. 

 

Davon würde ich dir aber fürs Erste abraten. Vielleicht hast du ja Lust, mal ein paar eigene Stophenformen zu erfinden? Das würde dich wahrscheinlich auch inhaltlich fokussieren wie hier in deinem Sonettversuch. Ich glaube, du brauchst ein Korsett, dass dich davon abhält, ins Schwafeln zu geraten, aber andererseits auch nicht zu sehr festnagelt. Probiere einfach mal aus!

 

vor 8 Stunden schrieb Anaximandala:

ich würde gerne zumindestens die Fähigkeit besitzen, ein Gedicht mit einem Bruch im Metrum zu bereichern, oder ohne glattes Metrum gut zu schreiben...

 

Unter einem Bruch verstehe ich, dass ein sauberes Metrum an einer inhaltlich bedeutsamen Stelle ausnahmsweise gebrochen wird, um auf dieses inhaltliche Detail besondere Aufmerksamkeit zu lenken. Du scheinst aber eher ein komplizierteres, weniger eintöniges Metrum für das ganze Gedicht zu meinen? Wie gesagt, bau dir ruhig mal ein paar eigene Strophen! 

 

LG Claudi

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Guten Morgen, liebe Claudi

 

Am 25.3.2023 um 18:32 schrieb Claudi:

 

Meinst du jetzt in Lyrikforen? Also wenn ich mich hier umschaue, ist das meiste gereimtes Gulasch. Ich glaube, die Kennzeichnung als "freie Form" ist für viele einfach ein Alibi für "null Metrikkenntnisse". Das würde ich von der Begrifflichkeit nicht allzu ernst nehmen. 

 

 

Ja genau, ich hab mich auf aktuelle Schreiber bezogen, eben Leute, die mir, ob in Foren oder auf Facebook so begegnet sind. Bei bekannten zeitgenössischen Dichtern bin ich eigentlich kaum in der Materie, zumindest über Forenbekanntschaften hinaus, bestimmt findet sich da der eine oder andere und wenn man auf bekannte Dichter der Vergangenheit schaut, gibt es je nach Strömung sicherlich Beispiele.

Aber nur bezogen auf Forenbegegnungen hab ich mit 5 vielleicht sogar zu hoch gegriffen...

 

Natürlich fallen mir Beispiele ein für großartige Poeten, die sich nicht um Metrik scheren, auch hier im Forum, aber der Klang des geschriebenen ist wieder etwas anderes und vielem, das gut klingt, wohnt doch wieder eine gewisse Metrik inne.

Am Ende muss ich sagen fallen mir nur zwei oder drei Person ein, die ihren ganz eigenen Stil gefunden haben und dabei gut klingen. Und das auch mehr oft als immer 😄

 

Beim Rest, da bin ich voll bei dir, ist die freie Form die Ausrede, sich nicht weiter bemühen zu müssen.

 

 

Zitat

Nein, für mich müssen die nicht glatter sein. Was du mit "freier Form" meinst, ist metrische Füllungsfreiheit. Der Erlkönig zum Beispiel ist weitgehend jambisch, aber mit freier Füllung, d.h. einige Senkungen sind mit zwei Silben besetzt. Wenn man sehr metrumsicher ist, kann man das ohne weiteres machen oder die noch etwas freiere Form, den Knittelvers verwenden. Da kommt es nur auf die Hebungszahl an. Die Senkungen dazwischen können beliebig besetzt werden. 

 

Ok das ist ziemlich interessant, ich hab mir den Erlkönig nach deinem Kommentar nochmal angesehen und mir sind 2 Dinge direkt aufgefallen, einmal sind es nur 3 Zeilen, die aus dem jambischen Grundschema ausbrechen, nämlich wenn der Erlkönig von Mutter

"Meine Mutter hat manch gülden Gewand"

und von seinen Töchtern 

"Meine Töchter sollen dich warten schön;

meine Töchter führen den nächtlichen Reihn"

spricht, da könnte man sicher ganz sicher eine konkrete Absicht hineininterpretieren

 

und das zweimalige verwenden vom "Erlkönig" als ungünstiges Wort, aber beide Male am Zeilenanfang. Ich komm grad nicht drauf, wie du diese Worte genannt hast, aber ich erinnere mich, dass du geschrieben hast lieber am Zeilenanfang solche "Spielereien" zu nutzen. Das ergänzt sich mit dem was Goethe geschrieben hat recht gut, nur als spontaner Gedanke.

 

Zitat

Davon würde ich dir aber fürs Erste abraten. Vielleicht hast du ja Lust, mal ein paar eigene Stophenformen zu erfinden? Das würde dich wahrscheinlich auch inhaltlich fokussieren wie hier in deinem Sonettversuch. Ich glaube, du brauchst ein Korsett, dass dich davon abhält, ins Schwafeln zu geraten, aber andererseits auch nicht zu sehr festnagelt. Probiere einfach mal aus!

 

Ja, hier kann ich nicht widersprechen, auch beim Reimen falle ich gerne in Schwafeln 😅 deshalb finde ich das Sonett so reizvoll, weil es mich zwingt, beim Dichten auch inhaltlich zu "verdichten".

Ich glaube es wird noch einige Zeit dauern, bis ich einen Punkt erreiche, frei schreiben zu können...

Die eigene Strophenform ist sicher ein sehr schöner Gedanke, vielleicht werde ich das auch irgendwann versuchen, aber ich glaube auch das steht noch in der Ferne, einfach weil es stimmt, für mich ist das Formkorsett aktuell eine kaum verzichtbare Hilfe.... Aber ich werde ganz sicher dann und wann etwas experimentieren, wie hier.

Aber wie gesagt, die Ausbrüche aus der metrischen Struktur möchte ich, eben weil ich weiß, dass die Klangperlen in freier Form wie Nadeln im Heuhaufen sind, doch auf eine gute Metrik gründen 😄

 

 

Zitat

Unter einem Bruch verstehe ich, dass ein sauberes Metrum an einer inhaltlich bedeutsamen Stelle ausnahmsweise gebrochen wird, um auf dieses inhaltliche Detail besondere Aufmerksamkeit zu lenken. Du scheinst aber eher ein komplizierteres, weniger eintöniges Metrum für das ganze Gedicht zu meinen? Wie gesagt, bau dir ruhig mal ein paar eigene Strophen! 

 

Unter anderem, auch einen klug gesetzten einmaligen Ausbruch finde ich sehr interessant, hier hat mich das was und wie und warum viel beschäftigt, bis ich durch Zufall über Rilkes Ich lieb ein pulsierendes Leben gestolpert bin, aber bisher ist das auch der einzige Metrikbruch, der mir begegnet ist, den ich absolut unterschreiben kann...

 

An sonsten ist mein "Ideal" für das was ich meine wohl etwas, das mir bisher selbst nicht begegnet ist, vielleicht also ein Wunschtraum 🤔

 

 

LG

Delf 

 

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