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Die Liebe des Herrn

 

Gott hatte den Adam lieb

als er ihn allein erschuf

doch alleien mit dem Trieb

kam er nicht bei seinem Ruf

 

so vergeblich, Liebesmüh’

für die er sich selbst belogen

lief dieser am Ufer kühl

nicht über den Regenbogen

 

zornig, trotzig und erbost

gab er ihm die Eva dann

und zu seinem eig’nen Trost

quälte er die Welt fortan

 

Kriege, Dürre, Hungersnot

ja, so steht es noch geschrieben

Krankheit, Elend und der Tod

sind ihnen zum Dank geblieben

 

dass die Nachkommen anbeten

nur Ihn, der die Welt erlöst

von seiner verschmähten Liebe

die er in den Abgrund stößt

 

und so ist’s bis heute Brauch

wen des Herrn Liebe befällt

und von oben predigt auch

heimlich einen Adam hält

 

sei dieser auch abgeneigt

gibt es dafür kein Erbarmen

wie die Liebe des Herrn zeigt

ist dies Gottes Wille – Amen

 

 

(Aus der Reihe „Despektierlichkeiten und Pamphlete wider dem malignen Katholizismus“ zum Sonntag LAETARE, auch schwarzer Sonntag genannt, ANNO DOMINI MMXXIV, zu dem sich leider keine Kantate des guten alten Johann Sebastian aufspielt. Schade.)

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Hallo Ponorist, einer muss ja schuld sein an den Qualen dieser Welt und überhaupt. 

 

Dazu fällt mir spontan ein: Gotteslästerung war gestern, 

                                                denn es gibt ihn keine Frage.

                                                Heute da ich Kummer habe,

                                                erbitte ich mir seine Gnade.

 

Die meisten Menschen denken wohl vorerst in schlechten Zeiten an Gott. Ich glaube, Gott hatte Gutes im Sinn, denn er gab uns die Möglichkeit der Entscheidung für das Richtige. Was wir daraus machen, liegt bei uns.

 

Letztlich sind wir aber vielleicht doch nur des Herrn Adam, sein verlängerter Arm, sein Hündchen an der Leine. So wie Eltern liebt er seine Kinder, kann aber keine Dankbarkeit erwarten. Manchmal hört man es ja doch, dass "Gott sei dank". All das von Menschen gemachte Leid möchte man ihm gern in die Schuhe schieben. Ob er sich den Schuh dann anzieht, sei dahingestellt.

 

Liebe Grüße Darkjuls

 

 

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Moin Peter.

 

Also ein Gott der sich einen Adam als Toyboy erschafft, aber dann leider feststellen muss, dass dieser andere Gelüste hat. Der Frau würde ich aber nicht andichten, mitschuld an Kriegen, Hungersnöte und Elend zu sein, auch wenn jeder betrogene und verlassene Mann, und auch Bob Marley in einem Song, sowie die Bibel es anders behaupten. 

Pansexuelle haben einfach mehr Spaß im Leben würde ich sagen, und dieser Gott wäre auch viel lockerer drauf, wenn er es so sehen würde. Damit meine ich übrigens nicht die Vorliebe für Flöte spielende, mythologische Mischwesen bei der Partnerwahl, gel! 

 

Ein interessanter Gedankengang jedenfalls. Satirisch auf die Spitze getrieben. 

 

Was mich betrifft... auf der Suche nach einem Gott, fand ich mich selbst. Und schon war Gott obsolet. Gott und Götter sollten dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. 

 

LG JC

 

 

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Moin Peter,

 

oh, mir scheint, du gabst dir Mühe!

Leider Gottes komm ich nur

kaum in deiner Silbenbrühe

einem Versmaß auf die Spur.

 

Ja, ich muss mich tüchtig quälen:

Manchmal klappt es, manchmal nicht,

denn allein mit Silbenzählen

zaubert sich kein Reimgedicht.

 

Ich möchte hier nur kurz was zum Metrum sagen. Es sieht fast so aus, als hättest du versucht, im Takt "betont - unbetont" zu bleiben und einfach nur die Silben abgezählt. Wenn man die Verse immer mit einer betonten Silbe beginnt, ergibt das tatsächlich eine hohe Trefferquote, weil die meisten Wörter im Deutschen auf der ersten Silbe betont werden. Manchmal werden dabei allerdings einige Wörter genau gegen den Strich gebürstet und das schreddert dann rhythmisch den ganzen Vers. Für Lesende, die solche Verse mit dem Ohr lesen, ist das schmerzhaft.

 

Mit der dritten Strophe hattest du Glück!

 

zornig, trotzig und erbost

gab er ihm die Eva dann

und zu seinem eig’nen Trost

quälte er die Welt fortan

 

Hier hast du die Wörter so gewählt, dass sich die einzelnen Silben alternierend betonen lassen. Das macht für mich den Lesegenuss bei einem Reimgedicht aus!

 

Wenn du möchtest, kann ich dir gerne die "Querschläger" zeigen. Da ich mir nicht sicher bin, ob du es wirklich wissen möchtest, spare ich mir fürs Erste die Arbeit. Könnte ja sein, dass es dir, wie vielen anderen Reimenden hier, völlig schnuppe ist. In diesem Fall nichts für ungut!

 

LG Claudi

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vor 23 Stunden schrieb Ponorist:

Die Liebe des Herrn

 

Hey Peter,

war wieder mal

ein geiles Gedicht,

wer die Wahl

hat, hat die Qual

anders läuft es

nun mal nicht...

vor 23 Stunden schrieb Ponorist:

Kriege, Dürre, Hungersnot

ja, so steht es noch geschrieben

Krankheit, Elend und der Tod

sind ihnen zum Dank geblieben

...was alles passieren kann

wenn  man sich Menschen knetet,

und die sind dann beschissen dran,

egal ob man nun betet

Irgendetwas an,

weil man sich was erhofft,

doch nichts wird besser irgendwann,

denn Menschen bleiben doch

Idioten unter Lebewesen,

die Missgunst führt sie an,

egal ich hab es gern gelesen,

dir noch nen schönen Abend.

 

LG Ralf

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Herzlichen Dank für Eure Kommentare...

 

.... @Ralf T. - einmal mehr hat sich die Vorfreude auf deine Antwortreime gelohnt. Ich mag deinen Klamauk zu jeder Gelegenheit. Und ja, du hast völlig recht mit dem Kneten. Als Ebenbild hat man nicht so viel Auswahl an Vorlagen. Darin steckt ein Dilemma der Selbstverliebtheit.

 

.... @Claudi - ich weiß was du meinst. Und ja, ich lege tatsächlich nicht so wahnsinnig viel Wert auf Formschönheit, Reimschablonen usw., aber zum Silbenzählen neige ich auch nicht. Höchstens achte ich am Zeilenanfang manchmal auf Betonung oder Auftakt, oder wie man das in der Poetensprache nennt. Einen Verschönerungsvorschlag darfst du natürlich trotzdem dalassen.

 

.... @Joshua Coan - nun ja, das Leben mit einer Gummipuppe kann vielleicht schon kompliziert sein, wenn man zu viel von ihr/ihm erwartet. Oh krass, mir wird gerade klar, wie dem Adam das Leben eingehaucht wurde... und ich habe sogar einen Verdacht, wo sich das Ventil dafür befindet. Bildlich macht es absolut Sinn.

 

.... @JoVo - ja, Pantheismus ist auch eine Spielart des Geistes. Warum nicht? Ich persönlich mag die Vorstellung von einer allumfassenden Verbindung und vermeide es, diese Gott zu nennen. Ich nenne sie lieber Verbindung.

 

.... @Darkjuls - vielen Dank für deine Reflexion. Ich weiß auch nicht, warum so vielen Leuten all die Grausamkeiten in der Schrift so heilig sind und diese dann an den Sonntagen so totgeschwiegen werden. Meiner Meinung nach dient der schlechte Katholizismus, gegen den sich der Text satirisch richtet, dem Erhalt eines Machtgefälles, wie schon von Jovo angemerkt. Nichtsdestotrotz kann die Vorstellung von Gott (oder anderen spirituellen Instanzen) eine Ressource sein, sei es als Idealisierung von Bindungspersonen oder die Hoffnung auf ein besseres Dasein irgendwann. Insofern, ja, der Gedanke liegt nahe, dass sich Leute an (letztlich eigene) Ressourcen erinnern, wenn es ihnen gerade nicht so gut geht.

 

Alles Gute und VLG

Euer Peter

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vor 13 Stunden schrieb Ponorist:

Einen Verschönerungsvorschlag darfst du natürlich trotzdem dalassen.

 

Wie gesagt, geht es mir nicht um Formschönheit. Die wäre ja mehr was fürs Auge. Reimgedichte sind aber fürs Ohr! Es geht also um den Klang. Wenn du dir deine Verse laut vorliest, kannst du vielleicht hören, dass es da an einigen Stellen holpert?

 

Ich nehme nur mal den ersten Vers und mache die betonten Silben fett:

 

Gott hatte den Adam lieb

 

Du beginnst mit einer betonten Silbe. Danach müsste eine unbetonte Silbe folgen, damit sich der Vers flüssig lesen lässt. "Hatte" kann aber nur auf der ersten Silbe betont werden, sonst klingt es unnatürlich. Das Wort passt also nicht an diese Position. Du könntest ein anderes Wort wählen, z.B.:

 

Gott gewann den Adam lieb

 

das würde allerdings den Sinn verändern, wie jeder andere Vorschlag auch, und ich weiß nicht, welche Veränderung dir hier noch einigermaßen zusagen würde. 

 

Würdest du denn gerne lernen, fürs Ohr zu reimen? Falls ja, würdest du gerne konkret an diesem Gedicht arbeiten? 

 

LG Claudi

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Ok, @Claudi, nennen wir es Wohlklang oder die passende Artikulation. Reine Formenlehre (ich vergleiche sowas immer gerne mit Musik, weil ich mich in dieser Welt sicherer fühle) wäre vielleicht so etwas wie ein Sonett oder was es sonst noch für Gedichtsformen gibt.

 

Doch zurück zum Thema. Wir können es gerne an dieser Stelle mit der ersten Strophe probieren. Die Betonungsfolge wäre gegeben, wenn ich die ersten Zeilen als rhethorische Frage formuliere, woraus sich eine leichte Änderung im weiteren Verlauf ergibt.

 

Hatte Gott den Adam lieb

als er ihn allein erschuf?

Ganz alleine mit dem Trieb

kam er nicht bei seinem Ruf

 

.....so in etwa?

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vor 11 Stunden schrieb Ponorist:

Ok, @Claudi, nennen wir es Wohlklang

 

Einverstanden, lieber Peter. 

 

vor 11 Stunden schrieb Ponorist:

oder die passende Artikulation.

 

Nein, das ist schon wieder einen Schritt weiter gedacht und bezieht sich auf den Vortrag des Textes. 

 

vor 11 Stunden schrieb Ponorist:

Reine Formenlehre (ich vergleiche sowas immer gerne mit Musik, weil ich mich in dieser Welt sicherer fühle) wäre vielleicht so etwas wie ein Sonett oder was es sonst noch für Gedichtsformen gibt.

 

Ja, tatsächlich haben Reimgedichte sehr viel mit Musik zu tun (nicht nur vergleichsweise). Sie brauchen einen festen Takt (auch Versmaß oder Metrum genannt), damit sie ihren Wohlklang entfalten und die Reime auf das menschliche Ohr wirken können. Der Takt kommt dabei aus der Abfolge der betonten und unbetonten Silben des verwendeten Wortmaterials. Es geht also darum, eine Art Sprechmelodie zu erzeugen. 

 

Die Versform, die dabei zustande kommt, kann sehr unterschiedlich sein. Stimmt, die Formen, die häufig verwendet werden (ob nun bewusst oder weil sie sich zufällig ergeben), haben Namen, wie z.B. das Sonett. Man muss diese Namen nicht unbedingt kennen und auch nicht die Absicht verfolgen, eine bestimmte Strophenform zu bauen. Die Form ergibt sich meist von alleine, sobald man denTakt der ersten rhythmisch gestalteten Verszeile im Ohr hat und weiterführt. 

 

Also genau wie du das hier gemacht hast:

 

vor 11 Stunden schrieb Ponorist:

Hatte Gott den Adam lieb

als er ihn allein erschuf?

Ganz alleine mit dem Trieb

kam er nicht bei seinem Ruf

 

Super! Jetzt kann ich die Strophe rhythmisch lesen. Der Takt in allen Versen ist hier:

 

betont - unbetont - betont - unbetont - betont - unbetont - betont 

XxXxXxX

 

Der Einfachheit halber stellt man häufig die betonten Silben als großes X und die unbetonten als kleines x dar. 

 

Hast du Lust, dir auch die zweite Strophe vorzunehmen? Das soll jetzt keine Nötigung sein. Es zwingt mich ja keiner, deine Gedichte zu lesen. Aber vielleicht fängt es ja an, dir Spaß zu machen? 

 

Wenn nicht, freue ich mich jedenfalls, dass du mir geantwortet hast und auf meine Kritik eingegangen bist. 

 

LG Claudi

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Herzlichen Dank, liebe @Claudi, den Austausch hier finde ich ganz spaßig und lehrreich. Wir sollten noch ein wenig dabei bleiben, wenn du magst.

 

Am 14.3.2024 um 09:14 schrieb Claudi:

Sie brauchen einen festen Takt (auch Versmaß oder Metrum genannt), damit sie ihren Wohlklang entfalten und die Reime auf das menschliche Ohr wirken können. Der Takt kommt dabei aus der Abfolge der betonten und unbetonten Silben des verwendeten Wortmaterials.

Das fine ich, offen gesagt, sehr starr und hat für mich nicht sehr viel mit Musik zu tun. Verse auf diese Weise einzuzwängen wirkt auf mich wie ein Herunterrattern steifer Metriken, die man bestenfalls parodieren könnte. In der Musik ist das Metrum, vereinfacht gesagt, die Geschwindigkeit der Dirigentenbewegung oder die Anzahl der Schläge pro Minute, auf die man ein Metronom einstellt. Das ist sehr variabel von sagen wie 40 bis 200 und kann auch, je nach Werk zwischenzeitig schneller oder langsamer werden (dann natürlich ohne Metronom). Vielleicht hat das Metrum der Gedichte eher Ähnlichkeit mit Rhythmus, wobei das gesprochene Wort mit den Freiheiten der Musik unnatürlich wirken würde. Letztlich orientiert es sich wohl an einem natürlichen Redefluss und das verstehe ich jetzt am ehesten als Metrum von Gedichten.

 

Nehmen wir zum Beispiel in der ursprünglichen Fassung der ersten Zeile...

 

Gott hatte den Adam lieb

 

... in deinem vorgeschlagenen Metrumsschema passt das zweite Wort natürlich nicht in die vermutete Betronungsschablone. In einem musikalischen Rhythmus käme hinter der ersten Silbe "Gott" vielleicht eine kleine Pause oder die erste Silbe wird etwas länger, um eine unnatürliche Betonung zu vermeiden, worauf die folgenden drei Silben "hatte den" etwas schneller, fast wie eine Triole ausgesprochen werden, um den Takt nicht zu sprengen.

 

Aber bleiben wir beim vorgeschlagenen Schema. Gedichte sollten nicht zu musikalisch sein, sonst haben sie zu viel Ähnlichkeit mit Hip-Hop oder Maschinengewehren, und beides ist mir persönlich zuwider.

 

Kommen wir also zur zweiten Strophe:

 

so vergeblich, Liebesmüh’

für die er sich selbst belogen

lief er an dem Ufer kühl

niemals durch den Regenbogen

 

Ok, der Sinn ändert sich so ein wenig, aber damit kann ich leben. Auf das Bild "vom anderen Ufer" kann ich zugunsten des stärkeren Wortes "niemals" verzichten. Es bleibt ja vage durch die Erwähnung von "Ufer" sogar erhalten. Schematisch würde es nach meiner Einschätzung passen.

 

Was meinst du?

 

VLG Peter

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Am 16.3.2024 um 00:32 schrieb Ponorist:

Das fine ich, offen gesagt, sehr starr und hat für mich nicht sehr viel mit Musik zu tun. Verse auf diese Weise einzuzwängen wirkt auf mich wie ein Herunterrattern steifer Metriken, die man bestenfalls parodieren könnte.

 

Du verwechselst es vermutlich mit dem Skandieren. Man soll das Metrum auf keinen Fall im Vortrag so übertrieben sprechen, dass es herausklingt. Das würde sich fürchterlich abgehackt anhören. Aber wenn ein Gedicht nicht vorgetragen, sondern nur gelesen wird, braucht das Publikum diese Orientierung, um die Verse klanglich als harmonisch zu empfinden. Durch absichtliches Skandieren, also übertriebenes Betonen der Silben, lässt sich aber gut überprüfen, ob man im Metrum ist.

 

Am 16.3.2024 um 00:32 schrieb Ponorist:

In der Musik ist das Metrum, vereinfacht gesagt, die Geschwindigkeit der Dirigentenbewegung oder die Anzahl der Schläge pro Minute, auf die man ein Metronom einstellt. Das ist sehr variabel von sagen wie 40 bis 200 und kann auch, je nach Werk zwischenzeitig schneller oder langsamer werden (dann natürlich ohne Metronom).

 

Bei Gedichten ist die Geschwindigkeit auch variabel, mehr noch als bei einem gesungenen Text. Theoretisch sollten Reimgedichte aber singbar sein. Das Wort Lyrik leitet sich ja ursprünglich von der Lyra, einem alten Saiteninstrument ab. 

 

Am 16.3.2024 um 00:32 schrieb Ponorist:

Vielleicht hat das Metrum der Gedichte eher Ähnlichkeit mit Rhythmus, wobei das gesprochene Wort mit den Freiheiten der Musik unnatürlich wirken würde. Letztlich orientiert es sich wohl an einem natürlichen Redefluss und das verstehe ich jetzt am ehesten als Metrum von Gedichten.

 

Ja, das, was man heraushören soll, ist der Rhythmus, der durch die kleinen Pausen im natürlichen Betonungsmuster des verwendeten Wortmaterials entsteht. Das Metrum läuft dabei nur dezent im Hintergrund mit. Der Wohlklang kommt aus den ständig variierenden Betonungsmustern der einzelnen Wortgruppen. Hier ein Beispiel:

 

Kriege, Dürre, Hungersnot

Xx Xx XxX

 

Die Wörter in diesem Vers bilden fast genau das Metrum ab. Noch extremer wäre es gewesen, wenn du geschrieben hättest: Kriege, Dürre, Hunger, Not. Als Einzelvers ist das angenehm zu hören. In mehreren Versen hintereinander klänge diese starre Verwirklichung des Metrums schrecklich eintönig. Das verhinderst du im Folgevers:

 

ja, so steht es noch geschrieben

X xXxx xXx

 

Hier habe ich mal dargestellt, wie man die zusammengehörigen Wortgruppen tatsächlich betonen würde. Da klingen nur die fett gezeichneten Silben heraus. Das "noch" passt zwar auf die Hebungsposition, wird aber längst nicht so stark betont wie z.B. das Verb "steht". Auch das "ja" würde man etwas weniger stark sprechen. Trotzdem bleibt ein schöner, harmonischer Lesefluss gewahrt, weil du pro forma im Metrum geblieben bist. 

 

Ja, metrisch passt deine Änderung der zweiten Strophe jetzt. Die sprachliche Gestaltung steht auf einem anderen Blatt. Hier wollte ich mich ja nur zur rhythmischen Gestaltung äußern und sehe, dass du mich verstanden hast. 

 

Klar gibt es auch Lyrik, die nicht taktgebunden ist und mehr auf Bildhaftigkeit setzt, und Prosalyrik. Reime wären hier völlig fehl am Platz, weil sie nur die Wortwahl extrem einschränken und ansonsten kaum wirken würden. Auch metrisch geordnete Verse müssen sich nicht reimen. Aber wenn mit Reimen gearbeitet wird, müssen sie auch gut klingen. Ohne Metrum geht das für mich nicht. Das ist für mich die allererste Voraussetzung, ein Reimgedicht lesen zu wollen. 

 

LG Claudi

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  • 3 Wochen später...

Moin Peter,

 

Am 5.4.2024 um 00:27 schrieb Ponorist:

Worauf könnte ich in dieser Hinsicht mehr Acht geben?

 

Okay, dann zeige ich mal, was sprachlich für mich nicht ideal ist. In einem fertigen Gedicht ist es natürlich schwierig, einzelne Formulierungen zu ändern, ohne die Reime zu zerstören. Beispiele werde ich dir deswegen wahrscheinlich kaum geben können. Ich übersetze die kritisierten Passagen also einfach (blau) in besseres Deutsch.

 

Zitat

 

Gott hatte den Adam lieb

als er ihn allein erschuf

doch alleien mit dem Trieb - alleine

kam er nicht bei seinem Ruf

 

 

In V4 wird nicht klar, auf wen sich "er" bzw. "seinem" bezieht. Sicher, die Lesenden können es aus dem vorausgegangenen Inhalt schließen. Eigentlich sollte das aber der Satzbau leisten. Sprachlich ist das also nicht gut gelöst.

 

Zitat

 

so vergeblich, Liebesmüh’ - vergeblich war die Liebesmüh

für die er sich selbst belogen hatte

lief dieser am Ufer kühl

nicht über den Regenbogen

 

 

S2 ist sprachlich bis zur Unverständlichkeit entstellt. Ellipsen wie in V2 sind zwar gebräuchlich, aber unschön. Die in V1 ist schon sinnentstellend und für mich gar nicht mehr zu ertragen (hier hätte ich normalerweise die Lektüre abgebrochen). 

 

Zitat

 

dass die Nachkommen anbeten - nur ihn anbeten

nur Ihn, der die Welt erlöst

von seiner verschmähten Liebe

die er in den Abgrund stößt

 

 

Hier eine unschöne Inversion. 

 

Zitat

 

und so ist’s bis heute Brauch

wen des Herrn Liebe befällt - dass der, den Gottes Liebe befällt

und von oben predigt auch 

heimlich einen Adam hält

 

 

Mit "wen" lässt sich der letzte Vers nicht sinnvoll anschließen. Die ganze Strophe wird dadurch schwer verständlich.

 

Das teilweise immer noch krumme Metrum jetzt nochmal lesen zu müssen, war, ehrlich gesagt, kein Vergnügen. Nimm meine Anmerkungen also als wahren Liebesdienst in Namen des Herrn. 😄

 

LG Claudi

 

 

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